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Gutes von Gestern

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Elizabeth P. Archibald
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Wie man höflich rülpst und andere Tipps aus über 1000 Jahren

„Es gibt einiges zu lernen - Accessoires waren schon um 1280 der beste Weg, um mit wenig Geld gut auszusehen - und noch mehr zu lachen. Köstlich.“ - Neue Westfälische

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Gutes von Gestern — Inhalt

Wie beeindruckt man eine Frau beim Tanzen? Wie nimmt man am schnellsten ab? Und wie küsst man eigentlich richtig? Historikerin Elizabeth Archibald hat ebenso skurrile wie nützliche Ratschläge aus jahrhundertealten Büchern gesammelt und zeigt: Was früher galt, ist (manchmal) heute noch gut. Ob es ein Vorschlag für das Ausrotten von Bettwanzen ist (Bett mit Schießpulver bestreuen und anzünden), ein Fashion-Tipp aus dem Mittelalter (nicht zu viel Geld für Klamotten ausgeben, aber bei den Accessoires klotzen) oder ein elementarer Hinweis für eine gelungene Verführung (nicht furzen) – „Gutes von Gestern“ liefert auf sehr unterhaltsame Weise praktische Tipps für alle Lebenslagen.

€ 10,99 [D], € 10,99 [A]
Erschienen am 04.10.2016
Übersetzt von: Karin Schuler
240 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-95202-6
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Leseprobe zu „Gutes von Gestern“

Einleitung


„Einen Weg finden, wie man Bienen stiehlt“ – das stand nicht unbedingt ganz oben auf meiner Agenda, aber manchmal kommt es eben anders, als man denkt, denn dieser Bienendiebstahl drängte sich plötzlich ganz ungefragt in mein Leben. Auf der Suche nach Material für ein neues Seminar, das ich am Peabody Institute der Johns Hopkins University über die Geschichte der Ratgeberliteratur geben wollte, hatte ich mich in die George Peabody Library gesetzt und in Erstausgaben geblättert.

Bei meiner Suche stieß ich auf einige bemerkenswerte Texte: in [...]

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Einleitung


„Einen Weg finden, wie man Bienen stiehlt“ – das stand nicht unbedingt ganz oben auf meiner Agenda, aber manchmal kommt es eben anders, als man denkt, denn dieser Bienendiebstahl drängte sich plötzlich ganz ungefragt in mein Leben. Auf der Suche nach Material für ein neues Seminar, das ich am Peabody Institute der Johns Hopkins University über die Geschichte der Ratgeberliteratur geben wollte, hatte ich mich in die George Peabody Library gesetzt und in Erstausgaben geblättert.

Bei meiner Suche stieß ich auf einige bemerkenswerte Texte: in Baltimore gedruckte Anleitungen zur Handlesekunst aus dem 19. Jahrhundert, ein Kompendium der Schädlingsbekämpfung, geschrieben von einem königlichen Rattenfänger, ein Buch aus dem Jahr 1884 mit dem Titel How to Get Strong, dessen durchschlagende Wirkung durch einen vom Körper gelösten Bizeps auf dem Buchrücken beworben wurde. Und zwischen einer Anleitung, wie man verdorbenes Wildfleisch doch noch retten kann, und dem Tipp, sich durch das Trinken von Salatöl vor einem Rausch zu schützen, las ich es: „Wie man Bienen stiehlt“. Von da an war mir klar, dass diese Ratschläge eine größere Leserschaft verdienten.

Ich begann zur Unterhaltung meiner Freunde und Kollegen, einzelne Häppchen historischer Tipps und Tricks auf einem Blog zu posten, und bald trudelten die ersten Anfragen aus aller Welt ein. „Liebe Vergangenheit“, hieß es da, „wie sollte ich meine Haare waschen?“, „Wie kann ich meinen Chef beeindrucken?“, „Was sollte ich für den Urlaub einpacken?“. (Die Antworten – in willkürlicher Reihenfolge – lauten: Pökelzunge, rosa Kleidung, Eidechsen.)

Die in diesem Buch enthaltenen Ratschläge bilden eine ungeordnete Auswahl von in Bibliotheken aufbewahrtem Material, nach Lust und Laune zusammengestellt. Und doch nimmt die Landschaft der Ratgeberliteratur, die hier in den Blick gerät und die ich als Bewahrerin solch segensreicher Empfehlungen skizzieren möchte, erstaunlich klare Züge an.

Die Tatsache, dass all diese Ratschläge in Bücher Eingang gefunden haben, zeigt in erster Linie, dass es Autoren gab, die sie aufschreibenswert, und Schreiber oder Drucker, die sie weitergebenswert fanden. Daher ist für Historiker ein Ratschlag aus dem 16. Jahrhundert über das Rülpsen sowohl eine wertvolle Information zur Geschichte der Umgangsformen als auch zur Geschichte des Buchs und der Ratgeberliteratur.

Zudem haben diese Texte bestimmte Ziele gemeinsam. Ein Ratgeber ist eine Art Vertrag zwischen Verfasser und Leser. Der Verfasser gibt Anweisungen und der Leser folgt ihnen. Der Verfasser zieht Ansehen und Tantiemen aus diesem Vertrag, dem Leser bleiben eindrucksvolle Bauchmuskeln, ein Kuchen in Form eines Igels und ein makellos aufgebauter IKEA-Schrank – jedenfalls theoretisch. Dieser Vertrag liegt auch dem Vorwort zu einer Sammlung kluger Tipps aus dem Jahr 1759 zugrunde: Der Verfasser verspricht seinen Lesern, dass „ihr Geld nicht verloren ist“, denn sie werden den Preis des Buches durch dessen ökonomische Ratschläge zwanzigmal hereinholen, oder, wie er es ausdrückt: „Mühe und Arbeit bis hierher sind mein. / Gewinn und Vergnügen von hier aus sind dein.“[1]

Ratgeber eröffnen Möglichkeiten. Sie machen Lesern klar, dass man zur Überwindung einer naturgegebenen oder gesellschaftlichen Einschränkung kein göttliches Eingreifen, vererbtes Privileg oder langjährige Übung braucht – sondern nur eine kluge Anleitung und vielleicht die Galle eines Wiesels.

Nehmen wir zum Beispiel das von Antonius Arena im Jahr 1530 geschriebene Handbuch über das Tanzen, in dem er davor warnt, dass „die Damen … lachen und Hohn und Spott über jene ausgießen, die nicht gut tanzen und die Schritte nicht können, und sie sagen: ›Solche Menschen sind Tölpel‹. … Könige, Königinnen, Grafen und Barone tanzen selbst und lassen auch die anderen tanzen.“[2] Seien Sie ehrlich: Sie sind ein Tölpel. Aber lesen Sie weiter, und Sie werden weltmännische Gewandtheit erlangen und sogar „die Tänze lernen, bei denen Sie lange Küsse verteilen können“.[3]

Dies alles ist Teil einer alten und nützlichen Textgattung, die aus dem Leser einen höflichen, gewandten und kultivierten Zeitgenossen machen will – also genau das Gegenteil eines Tölpels. Mittelalterliche Texte wie Daniel of Beccles’ Urbanus magnus oder Liber urbani (Das Buch des kultivierten Mannes) hielten schon einige wichtige Prinzipien der Höflichkeit fest, etwa, dass man einen Feind, der sich gerade hinhockt, um sich zu erleichtern, nicht angreifen soll. Im 16. Jahrhundert wimmelte es dann nur so von Ratgebern zu kultivierten Umgangsformen, deren Verbreitung durch eine wachsende Zahl von Lesekundigen und eine neue Form des Textumlaufs, die mit der Erfindung der Druckerpresse einherging, gefördert wurde. Der große niederländische Humanist Erasmus von Rotterdam veröffentlichte 1530 sein De civilitate morum puerilium (Über das höfliche Benehmen junger Menschen) in der genialen Annahme, Schuljungen könnten die Benimmregeln beim Furzen und die lateinische Sprache aus einem einzigen Buch lernen. In Italien, wo die höfische Kultur blühte, schrieb Baldassare Castiglione mit Il libro del cortegiano (Das Buch des Hofmanns) im Jahr 1528 einen der einflussreichsten literarischen Texte des Landes; hier werden in einem Dialog die Eigenschaften des idealen Höflings dargestellt (wie etwa seine geschmackvolle Kleidung). Und Giovanni della Casa warnt in seinem Galateo, ein schlecht erzählter Witz wirke etwa so, wie wenn „jemand sehr Dickes mit einem riesigen Hinterteil tanze und in einem eng sitzenden Wams herumhopse“.[4] Ratgeber zum kultivierten Benehmen (insbesondere die von Erasmus und della Casa) wurden zum Vorbild einer ganzen Gattung, die einer wachsenden Leserschaft höfische Gewandtheit versprach.

Während solche Texte die Möglichkeit der Selbststilisierung in Aussicht stellten – also sich von einem Tölpel in einen eleganten und mondänen Hofmann zu verwandeln –, versprach ein anderer Typus beliebter Ratgeber Hilfe bei der Gestaltung der Welt, die den Leser umgab. Die Sammlungen von „Geheimnissen der Natur“, „Täuschungen“ und „Wundern“, die frühmoderne europäische Leser so faszinierten, entsprangen einer sehr viel älteren Tradition geheimer alchemistischer Lehre seit dem Hellenismus, was man allerdings wegen ihrer vorrangigen Beschäftigung etwa mit der Vernichtung von Bettwanzen oder mit allen möglichen Tricks, bei denen Fleisch eine Rolle spielt, kaum vermuten würde. In einem der frühesten erhaltenen „Geheimnis“-Bücher, das aus dem 9. Jahrhundert stammt, sich aber auf antikes Material bezieht, findet man Verfahren zum Färben von Glas, Fellen und Tinte, zum Reinigen von Silber und zum Bau eines Rammbockes.

Es ist davon auszugehen, dass das „Rezept für das meiste Gold“ ein Kaufanreiz war: „Es wird Wunder wirken“, verspricht der Text.[5] Und wenn dabei auch nur ein Wundern herauskam, wo denn das ›meiste Gold‹ geblieben ist, so konnte ein gescheiterter Alchemist immerhin weiterlesen und sich mit dem Anrühren einer schönen französischen Seife oder eines Sesamkonfekts trösten.

Selbst jüngere Sammlungen schmückten sich mit einem Hauch Altertum. Als europäische Gelehrte im Mittelalter anfingen, antikes naturwissenschaftliches und medizinisches Wissen in arabischen Texten zu suchen, musste plötzlich Aristoteles (auch einfach nur als „der Philosoph“ bekannt) wieder herhalten. Ein enzyklopädisches Stückwerk über arabisches Wissen aus den Bereichen Politik, Medizin und Astrologie, bekannt als Kitāb Sirr al-Asrār (Das Buch über das Geheimnis der Geheimnisse oder Secretum secretorum in der lateinischen Fassung) sollte aus seiner Feder stammen. Es war paradox, aber doch nicht anders zu erwarten: Die supergeheimen Geheimnisse des „Aristoteles“ wurden ein europäischer Bestseller und stellten Aristoteles’ echte Werke weit in den Schatten. Die Praxis, einen Text zu legitimieren, indem man ihn mit dem Namen des „Philosophen“ schmückte, hielt sich über Jahrhunderte hinweg, wie das unglaublich beliebte Sexualhandbuch aus dem Jahr 1684 beweist, das in England unter dem Titel Aristotle’s Masterpiece (Das Meisterwerk des Aristoteles) oder The Works of Aristotle, the Famous Philosopher (Die Werke des Aristoteles, des berühmten Philosophen) bekannt wurde. (Man stelle sich die Gespräche vor: „Was liest du denn da gerade?“ „Oh, nur die Werke des Aristoteles, des berühmten Philosophen.“)

Wurden mittelalterliche und frühmoderne Leser nicht misstrauisch, wenn sie feststellten, dass die antiken Philosophen mit Ratschlägen zum Zähnebleichen und Fleckenentfernen hausieren gingen, statt sich mit Transzendenz und Alchemie zu beschäftigen? Mit Sicherheit – doch die profane Ausrichtung dieser Texte tat ihrer Beliebtheit keinen Abbruch. Und mit der Verbreitung des Buchdrucks begann eine neue Gruppe von Experten – Drucker und Schriftsteller –, Texte für die wachsende Leserschaft auf den Markt zu bringen. Immer mehr kleine Broschüren mit Ratschlägen für den Alltag wurden gedruckt, etwa der Dificio di recette, eine Sammlung von Anleitungen aus dem Jahr 1525 von einem italienischen Drucker, der völlig richtig erkannt hatte, dass seine Leserschaft darauf brannte zu erfahren, wie man sich einen Bart wachsen ließ oder Kerzen unter Wasser anzündete.

Das Ratgeberfieber befeuerte auch den Erfolg von Alessio Piemontese (wohl ein Pseudonym des Humanisten Girolamo Ruscelli), dessen Buch der Geheimnisse erstmals 1555 erschien.[6] Nicht einmal fünfzig Jahre später hatte es siebzig Auflagen in acht Sprachen erlebt. Das Vorwort liest sich fast wie ein Werbetext:

Und dieweil ich allzeit von natur mich der weißheit und heimlichen verborgenen natürlichen künsten zu lernen geflissen, bin ich siben und fünffzig jar hin und haer an vil ort der welt gezogen, damit ich vil gelehrte menner erkennen möchte. Deshalben hab ich nit allein von gelehrten und anderen grossen herren, sonder auch von weibern, werckleuten und bauren vil und mancherley heimlich und verborgene kunst erlangt und überkommen.[7]

Das Werben mit „weibern, werckleuten und bauren“ als Quelle wirkt ganz anders als die Legitimierung durch den Namen Aristoteles, es belegt einen allgemeinen Trend weg von dem Vertrauen auf antike Autoritäten und hin zu einem Interesse am Experimentieren. Geheimnissammlungen hängen jetzt oft das Wort „probatus“ („getestet“ oder „geprüft“) an ihre Ratschläge oder erklären mit einer knappen Anekdote, wie wirksam ihrer Erkenntnis nach die Methode ist („Ich kannte einen Mann, der unglaublich fett war … mit dieser Medizin verlor er sein Fett“, sagt Thomas Lupton zum Beweis der Wirksamkeit seiner Diät.[8])

Der allgemeine Hunger nach Geheimnissen ließ eine ganze Gruppe von Experimentierenden, sogenannten „Professoren der Geheimnisse“, entstehen, ein Titel, der den Glanz von Hogwarts heraufbeschwört, im Grunde aber über die Realität der Verfolgung durch die Gegenreformation hinwegtäuscht. Zu diesen Professoren gehörte Giambattista della Porta, dessen Begeisterung für die „Magie der Natur“ die Kirche ganz und gar nicht teilte. Nun war seine Faszination für die Kuriositäten der Natur vielleicht wirklich nah an der Grenze zum Ungesunden, doch della Portas „Magie der Natur“ ist eigentlich banaler, als sie klingt: Einen Pfirsich in der Form eines menschlichen Kopfes wachsen zu lassen, indem man ihn in eine Form zwängt, fällt zum Beispiel darunter. (Das fällt aber auch unter die Kategorie „gruselig“, falls Sie es genau wissen wollen.)

Ein Gesicht auf einem Pfirsich wachsen zu lassen, ist vielleicht nicht der Gipfel intellektuellen Forschergeists oder experimenteller Wissenschaft, aber es ist ein gutes Beispiel für die Bedeutung von „Geheimnisbüchern“ und die Beliebtheit von Ratgebern im Allgemeinen. Während die Benimmbücher die Regeln des höfischen Lebens allen verfügbar machten, die Zugang zu diesen Texten hatten, boten Geheimnisbücher allen Lesern eine gewisse Kontrolle über die Natur.

Allerdings nur, wenn die Ratschläge auch funktionierten. Glaubten die Leser an die Wirksamkeit von Heilmitteln und Verfahren, die aus heutiger Sicht absolut zweifelhaft sind? Nehmen wir zum Beispiel eine Methode aus dem Jahr 1581, um übers Wasser zu laufen: Mit zwei kleinen Tamburinen an seinen Füßen soll der Wanderer „mit einer gewissen Kühnheit und Leichtigkeit des Körpers“ über das Wasser gleiten. Wenn Ihnen diese Technik nicht besonders vertrauenswürdig erscheint, dann sind Sie damit nicht allein: Ein zeitgenössischer Leser notierte bissig am Rand eines Exemplars dieses Buches: „Falls man doch einsinkt, ist es immerhin nur Wasser.“[9]

Dieser kleine Seitenhieb verweist darauf, dass die Handbücher nicht das hielten, was sie versprachen – aber andererseits hatten sie auch mehr zu bieten. Ratgeber verrieten nicht einfach nur den besten Weg zum gewünschten Ergebnis. Mancher Ratschlag war in Wirklichkeit der Anlass für eine literarische Spielerei; das gilt etwa für poetische Werke wie Ovids Ars amatoria (wobei seine eleganten Aufreißtipps – tu so, als würdest du Staub von ihrer Kleidung wischen – vielleicht noch immer funktionieren). Aber selbst Texte mit geringerem literarischen Anspruch konnten anderen Zwecken dienen als der ernstgemeinten Verbreitung eines Zahnpastarezepts. Verfasser von Ratgebern erkannten die zum Teil lächerlichen Konventionen ihrer Textform und spielten mit ihnen: Ein Beispiel ist eine Rezeptparodie in einem mittelalterlichen Kochbuch, die „ein gutes Gericht für jemanden, der es gern isst“ verspricht und literweise Schweiß, Kieselschmalz, Stieglitzhaxen und Fliegenfüße enthält.[10] Die zeitliche Distanz macht es zugegebenermaßen schwieriger, zwischen Parodie und ernsthaftem Bemühen zu unterscheiden, wenn beispielsweise Ohrenschmalz gegen Augenprobleme empfohlen wird und die Galle eines Aals zu den gängigsten Zutaten gehört. Sicher ist jedoch, dass in den Ratgebern eine gesunde Dosis an Scherzen (die berühmte Furzkerze) und albernen Anekdoten („Wie man eine Katze ein Feuer auspinkeln lässt“) zu finden ist, was vermuten lässt, dass sie nicht nur kluge Tipps, sondern auch amüsanten Lesestoff bieten sollten.

In diesem Sinne präsentiere auch ich Ihnen diese Tipps und Ratschläge. Und ich gehe fest davon aus, dass Sie jeden einzelnen ausprobieren.

Eine Anmerkung zu den Texten.   Die hier versammelte Textauswahl entstand aus meiner eigenen Beschäftigung mit mittelalterlicher und frühmoderner europäischer Bildung und der Geschichte des Buches. Das hat der chronologischen und geografischen Reichweite einen Rahmen gesetzt (von der Spätantike bis in die Frühmoderne, mit einigen unterhaltsamen Ausreißern darüber hinaus, und fast rein europäisch). Es gibt natürlich noch viel mehr „Gutes von Gestern“ als das, was hier zu lesen ist, und ich ermutige jeden, auch auf eigene Faust danach zu suchen.

Ich folge dem Beispiel vieler meiner Quellen, wenn ich die Texte ohne strenge chronologische oder thematische Ordnung präsentiere. Zum einen ist es schwer, Material einer bestimmten Zeit zuzuschreiben, wenn nützliche Ratschläge sich ewig hielten: So empfahl schon der ältere Plinius eine Veilchengirlande als Mittel gegen die Folgen zu großen Alkoholkonsums, und diese Empfehlung taucht immer wieder auf und wird wahrscheinlich bis zu dem gesegneten Tag im Umlauf bleiben, an dem die Menschheit tatsächlich ein wirksames Mittel gegen den Kater entdeckt. Die hier vorgelegten Auszüge belegen nicht das erste Auftauchen der Ratschläge im Druck (oder in einer Handschrift), aber sie belegen eine Zeit, in der Leser sich mit ihnen beschäftigten; aus derselben Logik heraus gebe ich die Daten der Ausgaben an, die ich konsultiert habe, und nicht notwendigerweise die Erstausgaben (wobei deren Daten zusammen mit Hinweisen zu englischen Übersetzungen in den Anmerkungen angegeben sind).

Auch die Mischung des Materials folgt dem Beispiel seiner Quellen. Eine thematische Ordnung wäre anachronistisch und würde eher heutige Gliederungen von Wissensgebieten widerspiegeln als Zeiten, in denen Musik ein Zweig der Mathematik war oder Kochbücher Ratschläge zur Haarpflege gaben. Und denken Sie an Thomas Luptons A Thousand Notable Things (1579), in dem er antikes und zeitgenössisches Wissen zu allen Themen sammelt und es dem Leser in reizvoller Unordnung darbietet. Auf nur einer Seite kann man staunen über:

  • eine Methode, eine Wunde mit Zucker und einem Stich Butter zu heilen.
  • die Geschichte über ein kleines Mädchen, das der Verfasser im Juni 1577 kennenlernte und das „die Wollärmel aß, die seine Arme bedeckten, und außerdem noch einen Handschuh vertilgte“.
  • ein Mittel gegen Kahlköpfigkeit (Mäusekot, verbrannte Wespen, Haselnüsse, Essig).
  • einen narrensicheren Weg, Frösche mit einer Kerze vom Quaken abzuhalten.

Als Rechtfertigung für mein eigenes Durcheinander kann ich nichts Besseres anführen als Luptons Vorwort zu seinen Tausend denkwürdigen Dingen:

Vielleicht werden Sie sich wundern, dass ich sie nicht in eine bessere Ordnung gebracht habe und dass Dinge zu ähnlichen Themen nicht zusammengefasst sind. Es finden sich hier wahrlich so viele von so unterschiedlicher und vielfältiger Art und gegensätzlichen Wirkungen, dass man überhaupt keine Ordnung einhalten könnte. Und meiner Ansicht nach wird das Buch sich durch die Fremdartigkeit und Vielfalt der Themen interessanter und angenehmer lesen lassen – in dem Wissen, dass wir so gemacht sind, dass zarte Eleganz uns sehr erfreut, wir es aber hassen, allzu lange mit demselben Essen gefüttert zu werden, und dass langes Umherstreifen in fremden und abwechslungsreichen Landen uns weniger erschöpft als ein kurzer Weg auf ausgetretenen Pfaden.[11]

In diesem Sinne: Frohes Umherstreifen.

[1] Thomas Lupton, A Thousand Notable Things of Sundry Sortes, London 1579, Titelseite.

[2] Antonius Arena, Leges dansandi, hrsg. und ins Engl. übers. v. John Guthrie und Marino Zorzi, „Rules of Dancing“, Dance Research 4, Nr. 2, 1986, S. 8 f.

[3] Ebenda, S. 26.

[4] Siehe „Wie man Witze erzählt“.

[5] Mappae clavicula, hrsg. und ins Engl. übers. v. Cyril Stanley Smith und John G. Hawthorne, „Mappae clavicula: A Little Key to the World of Medieval Techniques“, Transactions of the American Philosophical Society, n. s. 64, Nr. 4, 1974, S. 30.

[6] Siehe William Eamon, Science and the Secrets of Nature. Books of Secrets in Medieval and Early Modern Culture, Princeton 1994, S. 147–155.

[7] Kunstbuch des wolerfarnen Herren Alexii pedemontani [Girolamo Ruscelli?] von mancherley nutzlichen und bewerten Secreten oder Künsten, S. I., 1580.

[8] Siehe „Wie man in vierzehn Tagen abnimmt“.

[9] Thomas Hill, A Briefe and Pleasaunt Treatise, Intituled, Naturall and Artificiall Conclusions, London 1581; siehe „Wie man auf dem Wasser geht“. Das Exemplar mit den Randbemerkungen befindet sich in der Huntington Library.

[10] Melitta Weiss Adamson, „The Games Cooks Play. Non-Sense Recipes and Practical Jokes in Medieval Literature“, in: Food in the Middle Ages. A Book of Essays, hg. v. Melitta Weiss Adamson, New York 1995, S. 179.

[11] Lupton A3v.



Wie man beim Tanz Mädchen beeindruckt

1538

„Freund, wenn du tanzt, achte darauf, nicht zu rülpsen, denn wenn du rülpst, bist du ein richtiges Schwein. Weiterhin furze nie, wenn du gerade tanzt; beiß die Zähne zusammen und zwing deinen Hintern, den Furz zurückzuhalten … Hab keinen Tropfen an der Nase und sabber nicht aus dem Mund. Keine Frau will einen Mann mit Tollwut. Und unterlasse es, vor den Mädchen zu spucken, denn davon wird einem schlecht, es dreht einem den Magen um. Wenn du spuckst oder dich schnäuzt oder niest, denke daran, deinen Kopf nach der Körperregung wegzudrehen, und denke daran, dir die Nase nicht mit den Fingern abzuwischen, mach es anständig mit einem weißen Taschentuch. Iss weder Lauch noch Zwiebeln, weil sie einen unangenehmen Geruch im Mund hinterlassen.“

Antonius Arena, Leges dansandi


Das weibliche Herz ist ein ewiges Mysterium, aber man kann schon sagen, dass Tollwut und Blähungen auf dem Tanzparkett nicht unbedingt weiterhelfen.



Wie man Bier trinkt

1256

„Bier ist ein Trunk, der aus Hafer, Weizen und Gerste gemacht wird; doch das aus Hafer und aus Weizen ist besser, weil es keine Blähungen erzeugt. Doch woraus es auch gemacht ist, ob aus Hafer oder Gerste oder Weizen, es schadet dem Kopf und dem Bauch, macht schlechten Atem, schädigt die Zähne und füllt das Hirn mit üblen Dämpfen, deshalb wird jeder, der Bier mit Wein trinkt, schnell betrunken; doch es hat den Vorteil, Urin zu treiben, und es macht das Fleisch weich und weiß. Und Bier, das aus Roggen oder aus Roggenbrot, das Minze und Sellerie enthält, gemacht ist, dieses Bier ist zu bevorzugen.“

Aldobrandino da Siena, Le régime du corps


Dies ist ein Ratschlag aus einem Weinbaugebiet: Wenn Sie weiches, weißes Fleisch und starken Harndrang mögen, dann ist Bier genau das Richtige für Sie.

Elizabeth P. Archibald

Über Elizabeth P. Archibald

Biografie

Elizabeth P. Archibald ist Historikerin und lehrt an der Johns Hopkins University in Baltimore, wo sie sich auf Erziehungsgeschichte und Buchgeschichte spezialisiert hat. 2013 begann sie auf dem Blog „Ask the Past“ ihre Leser mit kuriosen Ratschlägen aus mittelalterlichen Büchern zu begeistern.

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„Es gibt einiges zu lernen - Accessoires waren schon um 1280 der beste Weg, um mit wenig Geld gut auszusehen - und noch mehr zu lachen. Köstlich.“

Petra

„Diese Sammlung erklärt unsere Kulturgeschichte besser - und unterhaltsamer - als jedes Lehrbuch.“

Wohnenträume

„Herrlich amüsant.“

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