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Gebrauchsanweisung für BaliGebrauchsanweisung für Bali

Gebrauchsanweisung für Bali

Thomas Blubacher
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Gebrauchsanweisung für Bali — Inhalt

Yogakurs und River Rafting, Schattentheater und Moonlight-Party: Thomas Blubacher, der seit mehr als zwanzig Jahren immer wieder nach Bali zurückkehrt, führt uns durch die Luxusresorts in Nusa Dua, über den „Ballermann“ von Kuta und an den Lavastrand in Lovina. Er reist aufs benachbarte Java und Lombok sowie ins Tauch-Dorado der Gili-Inseln. Verrät, warum in Indonesiens hinduistischer Enklave jeder Ort mindestens drei Tempel haben muss und alle Balinesen Maler, Holzschnitzer oder Tänzer sind. Welche Bedeutung die mysteriösen Toiletten-Strichmännchen haben und was man in den Garküchen außer Saté-Spießen sonst noch probieren sollte. Und er erklärt versiert, wo man am besten Dämonen austreiben oder sich wie eine echte Prinzessin massieren lassen kann.

€ 15,00 [D], € 15,50 [A]
Erschienen am 14.09.2015
224 Seiten, Flexcover mit Klappen
EAN 978-3-492-27665-8
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€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erschienen am 14.09.2015
224 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-97101-0
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Leseprobe zu „Gebrauchsanweisung für Bali“

Das Lächeln der Balinesen

Hellgrün leuchtende Reisterrassen, über die seltsame bunte Vögel flattern. Farbenfrohe Opferprozessionen auf dem Weg zu alten Tempeln. Mit Alang-Alang-Gras gedeckte Hütten, daneben grasende Wasserbüffel. Traumhafte Strände, leuchtend weiß oder aus schwarzem Lavasand. Einige der besten Surf-, Schnorchel- und Tauchspots der Welt. Ruhige Bergseen mit Tret- und reißende Flüsse mit Schlauchbooten, Erdbeerfarmen und Palmenhaine, heilige Affen und riesige Würgeschlangen. Faszinierende Tänze, Kunst auf beinahe jedem Quadratzentimeter. [...]

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Das Lächeln der Balinesen

Hellgrün leuchtende Reisterrassen, über die seltsame bunte Vögel flattern. Farbenfrohe Opferprozessionen auf dem Weg zu alten Tempeln. Mit Alang-Alang-Gras gedeckte Hütten, daneben grasende Wasserbüffel. Traumhafte Strände, leuchtend weiß oder aus schwarzem Lavasand. Einige der besten Surf-, Schnorchel- und Tauchspots der Welt. Ruhige Bergseen mit Tret- und reißende Flüsse mit Schlauchbooten, Erdbeerfarmen und Palmenhaine, heilige Affen und riesige Würgeschlangen. Faszinierende Tänze, Kunst auf beinahe jedem Quadratzentimeter. Das alles begleitet von fremdartig klingender Gamelan-Musik. Und überall der Duft von Räucherstäbchen, Nelkenzigaretten und Millionen Blüten.
Bali ist eine traumhafte Urlaubsdestination für Backpacker und luxusverwöhnte Wellness-Touristen, für Kulturhungrige, Sinnsucher und Abenteurer, für Alleinreisende ebenso wie für Familien. Ich kenne kein Reiseziel, das vielfältigere Möglichkeiten bietet : Ob man die totale Entspannung sucht oder spirituelle Erlebnisse, sportliche Herausforderungen meistern, eine fremde Kultur kennenlernen oder die üppige tropische Natur genießen will – hier ist man richtig. Wer nach Bali kommt, kann zwischen primitiven Privatunterkünften und mondänen Designhotels wählen, zwischen einfachen Garküchen am Straßenrand und einigen der besten Restaurants ganz Asiens. Er kann sich entscheiden, ob er gemütlich durch sattgrüne Reisterrassen spazieren, durch Dschungel wandern oder aktive Vulkane erklimmen will, ob er im azurblauen Meer mit Delfinen schwimmen oder zwischen bunten Fischen tauchen, einen Yogakurs belegen, sich von einem Schamanen heilen oder in einem Wellness-Tempel verwöhnen lassen möchte, ob er jahrhundertealte Kultstätten oder moderne Shoppingmalls bevorzugt, eine Schattentheater-Aufführung oder ein Jazzkonzert, eine traditionelle Verbrennungszeremonie oder eine hippe Moonlight-Party.
Von der Westspitze bis zur Ostspitze misst Bali, die westlichste der Kleinen Sundainseln, knapp 145, von der Nordküste zur Südküste etwa 90 Kilometer. Mit 5561, inklusive vorgelagerter Inselchen 5632 Quadratkilometern ist es etwa 1,6-mal so groß wie Mallorca, aber wesentlich dichter besiedelt : Hier leben über vier Millionen Einwohner ( das sind 4,6-mal so viele wie auf der Baleareninsel ), und doch kann man fast menschenleere Regionen finden. Auf engstem Raum trifft man auf die unterschiedlichsten Vegetationszonen : Sandstrände und vorgelagerte Korallenriffe, Mangrovenwälder, tropische Tieflandregenwälder und Nebelwälder, mit Elefantengras oder Kakteen bewachsene Savannen, Bergwälder und Lavalandschaften – drei Viertel der Fläche bedecken Erhebungen vulkanischen Ursprungs. Die höchste ist mit 3142 Metern der noch aktive Gunung Agung, als Sitz der Götter der spirituelle Mittelpunkt des balinesischen Weltbilds. Nicht zuletzt aber sind es Kulturlandschaften, die die berauschend schöne Landschaft prägen : Die kunstvoll terrassierten Reisfelder gehören seit 2012 zum Weltkulturerbe der UNESCO.
Bali liegt in den sogenannten wechselfeuchten Tropen. Es ist warm hier, die Luft schwer und feucht, alles grünt und blüht geradezu verschwenderisch, und der Boden, so scherzt man, sei so fruchtbar, dass aus jedem Stock, den man in die Reisfelder werfe, ein Baum wachse. Wenn Sie den eisgekühlten Flughafen verlassen, werden Sie erst einmal schier erschlagen – doch keine Angst : Sie gewöhnen sich überraschend schnell an die klimatischen Verhältnisse. Das ganze Jahr über herrschen Tageshöchsttemperaturen um die 30 Grad, am angenehmsten ist es im Juli und August, am heißesten im April, und fast immer betragen die Unterschiede zwischen dem dampfenden Süden und den erfrischenden Bergregionen ein paar Grad. Die Regenzeit dauert von November bis März, die Trockenzeit von April bis Oktober. Statistisch verzeichnet man im Juli und August jeweils nur vier Regentage pro Monat, im Januar hingegen fällt fast täglich Niederschlag, in der Regel länger und heftiger, je näher man den Berghängen kommt. Ohnehin unterscheidet sich das Wetter an vielen Tagen von Dorf zu Dorf, und wer bei Sonnenschein zu einem Ausflug aufbricht, kann wenige Kilometer landeinwärts in einen heftigen Schauer geraten – der meist schnell wieder vorübergeht.
Auf Bali, so schwärmte in den 1920er-Jahren die westliche Welt, erlebe man die einzigartige Einheit glücklicher Menschen und tropischer Natur, die faszinierende Mixtur aus exotischer Spiritualität und Sinnlichkeit. In den Großstadtsalons träumte man sich angesichts von Bildern badender barbusiger Frauen und nackter junger Männer ins schwüle Tropenparadies. Richard Katz’ Reisebuch „ Heitere Tage mit braunen Menschen “ wurde zum Beststeller – dass der Hamburger Buchhändler Felix Jud es dutzendfach in die Auslage legte, als er 1935 per Erlass dazu verpflichtet wurde, sein Schaufenster zu Hitlers Geburtstag zu dekorieren, sollte freilich nicht für Reisen nach Bali begeistern … Schon in den Dreißigerjahren, als sich zivilisationsmüde Aussteiger, Künstler und Intellektuelle auf Bali niederließen und die internationale High Society zur Stippvisite ins Paradies kam, begann leise der traurige Abgesang auf ein angeblich verschwundenes Eden, der dann während der nächsten Jahrzehnte mit jeder Besucherwelle lauter wurde. Davon gab es einige, von den Hippies und Surfern, die in den 1960er- und 1970er-Jahren Kuta für sich entdeckten, bis zu den sinnsuchenden Fans von „ Eat, Pray, Love “, die in den 2000ern nach Ubud pilgerten.
Die Insel der Seligen habe durch die touristische Invasion ihre Seele verloren, liest man immer wieder, der Zauber sei verschwunden. Kamen 1985 erstmals über 200 000 Besucher, waren es 1995 bereits über eine Million. In diesem Jahr fuhr ich zum ersten Mal nach Bali, doch war die bei Pauschaltouristen so beliebte Insel gar nicht mein eigentliches Ziel : Mehrere Wochen lang war ich in Indonesien unterwegs, wanderte auf Sumatra durch den Nationalpark Gunung Leuser, um Orang-Utans in freier Wildbahn zu erleben, durchquerte per Bus einen Großteil der Insel Java und flog von dort weiter nach Sulawesi, um die faszinierende Kultur der Toraja zu erleben. Vom anschließenden Aufenthalt auf Bali versprach ich mir eigentlich nicht mehr als einen erholsamen Ausklang der anstrengenden Indonesien-Reise. Ein paar Tage am Strand, dazwischen geruhsame Ausflüge zu pittoresken Tempeln, während des Abendessens die eine oder andere Tanzvorführung – nichts also, so glaubte ich, was mit meinen spektakulären Eindrücken der vergangenen Wochen auch nur ansatzweise konkurrieren könne. Etwas jedoch hat mich auf Bali ergriffen, nicht gleich am ersten Tag, aber sehr rasch. Ergriffen und nie mehr losgelassen. Etwas, das ich mir damals nicht erklären, das ich nicht einmal in Worte fassen konnte. Ich fühlte mich, als ob ich am Ziel angekommen oder nach einer langen Zeit in der Fremde wieder nach Hause zurückgekehrt wäre. Es war ein Gefühl der Geborgenheit, der Sicherheit, der Ruhe. Ein Zustand wunschlosen Glücks. Wieder in Deutschland, genügten ein paar Takte Gamelan-Musik, um dieses eigenartige, einzigartige Gefühl wachzurufen. Ich hatte Sehnsucht nach Bali. Ich war verliebt in die Insel, wollte sie wiedersehen, ihre Bewohner kennenlernen, ihre Kultur verstehen. Und bin seither immer wieder dorthin zurückgekehrt. Staunend und begeistert wie eh und je.
Schon vor zwanzig Jahren traf ich viele, die Balis Wandel beklagten, und natürlich habe auch ich bei jedem Aufenthalt weitere Veränderungen registriert. Im Jahr 2009 reisten erstmals mehr als zwei Millionen ausländische Touristen nach Bali, 2013 über drei Millionen, längst ist die Insel eine Topdestination des organisierten Massentourismus. Selbstverständlich sind die negativen Spuren dieser Besucherströme nicht zu übersehen, in manchen Ferienorten könnte man meinen, man befinde sich am Ballermann oder in Pattaya, und wer die Touristenenklaven nicht verlässt, wird es schwer haben, die Magie eines nach wie vor faszinierenden Reiseziels zu entdecken. Denn trotz allem hat Bali seinen eigenen Rhythmus und seine einzigartige Kultur bewahrt. In den balinesischen Dörfern des Hinterlandes verläuft das Leben auch weiterhin in jahrhundertealten Bahnen.
Glauben Sie mir : Die Insel der Götter ist noch immer göttlich. Und genau das ist das Wunder von Bali.
Darüber wundern, dass Bali touristisch perfekt erschlossen ist, wird sich indes wohl niemand angesichts der jährlich mittlerweile vier Millionen ausländischen und mehr als sechs Millionen indonesischen Besucher ( von denen besonders viele während des Ramadan kommen ). So kann man sich, auch wenn man weder Balinesisch noch Bahasa Indonesia spricht, nahezu überall auf Englisch verständigen – eher selten allerdings auf Deutsch. Die Spitze der internationalen Reisenden bilden die Australier, die am liebsten im Juni und Juli sowie zwischen Oktober und Dezember hier Urlaub machen, schließlich liegt das sattgrüne Eiland gerade mal 1700 Kilometer von ihrer Heimat entfernt. Seit Kurzem werden sie dicht gefolgt von den Chinesen, die besonders im Februar, wenn das chinesische Neujahr gefeiert wird, anrücken, übrigens fast ausnahmslos in großen Gruppen, während die Japaner individuell unterwegs sind, vorwiegend im April und Mai. Immerhin 100 000 Deutsche jährlich machen sich vor allem zwischen August und Oktober auf die gut 11 000 Kilometer weite Reise nach Bali, aus der Schweiz kommen beachtliche 30 000 Gäste, die meisten von ihnen im Juli, hingegen reisen bislang lediglich 13 000 Österreicher per annum nach Bali.
Es erstaunt also nicht, dass in Kuta Eisbein mit Sauerkraut offeriert wird, in Legian Käsefondue und in Ubud Vollkornbrot. Ebenso wenig, dass man in Safariparks auf Elefanten reiten kann, die eigens zu diesem Zweck aus Sumatra importiert werden, und sogar auf Kamelen, die in Indonesien nun weiß Gott nichts verloren haben, schließlich lebt man von vergnügungssüchtigen Touristen. Nicht einmal über Freizeitangebote wie die „ Bali Paintball Arena “ muss man sich wundern. Ob es sich bei diesem Schießen auf andere Menschen um Körperkultur handelt, sei dahingestellt, und demjenigen, der ohnehin jede Art von Sport für Mord hält, sei versichert, dass es auf Bali vom Riverrafting über das Quad­fahren bis zum Paragliding unzählige Möglichkeiten gibt, zu Tode zu kommen. Nein, im Ernst : Es existiert ein schier unendliches Angebot an sportlichen Aktivitäten, Golfer und Angler kommen ebenso auf ihre Kosten wie Mountainbiker und Jetski-Fans. Okay, Schlittschuhlaufen in tropischer Hitze lässt sich noch nicht, doch was in Singapur bereits möglich ist, wird auch hier nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Ansonsten kann man auf Bali beinahe alles überhaupt nur Denkbare essen, unternehmen, kaufen, sehen und erleben. Das ist einerseits gut so. Andererseits : Man muss das nicht tun. Man kann auch einfach darüber staunen, dass der touristische Trubel bislang kaum eine Auswirkung auf die traditionelle Lebensweise der Balinesen hatte. Resilienz nennen Psychologen die Widerstandskraft und Toleranz gegenüber Störungen, die Fähigkeit, mit Veränderungen umzugehen und Krisen zu bewältigen. Bali scheint sehr viel mehr zu ertragen als andere vom Virus des Massentourismus befallene Destinationen, vermag sich immer wieder neu zu erfinden und sich zugleich treu zu bleiben. Achtsam modifiziert man das Überlieferte, integriert behutsam das Fremde und zerbricht nicht am Konflikt zwischen Tradition und Moderne. Selbst mitten im kollabierenden Verkehr der Hauptstadt sieht man Menschen in ritueller Kleidung bei zeremoniellen Handlungen – und fühlt sich sogleich in eine andere Welt versetzt. Selbst dort, wo international genormtes, styroporverpacktes Junkfood über die Theke geschoben wird, liegen am Eingang einige mit Hingabe aus Palmblattstreifen und Bananenblättern geflochtene, mit Blumen, Reis und Räucherstäbchen bestückte Opferschälchen, die die Götter gütig stimmen sollen.
Bali ist eine hinduistische Enklave im islamisch geprägten Vielvölkerstaat Indonesien, zu dem, ganz nach der Devise „ Einheit in der Vielfalt “, der IT-Spezialist in der Millionenmetropole Jakarta ebenso gehört wie der scheinbar in der Steinzeit lebende, mit einer Penishülle aus getrocknetem Flaschenkürbis bekleidete Bewohner des Baliem-Tals. Auf der Insel der Götter und Dämonen bekennen sich 92 Prozent der Einwohner zur Hindu-Dharma-Religion, der lokalen Form des Hinduismus, die vom animistischen Glauben durchdrungen ist und auch Agama Tirtha genannt wird, „ Religion des Wassers “. Das wegen der Besucherströme inzwischen kostbar gewordene Nass gehört als unverzichtbarer Bestandteil zu den meisten Zeremonien – kein Wunder, angesichts der immens wichtigen Rolle, die es für den Anbau von Reis spielt, dem Hauptnahrungsmittel Balis. Verehrt werden in offiziell mehr als 10 000, de facto wohl 20 000 Tempeln neben der hinduistischen Trinität von Brahma, dem Schöpfer, Vishnu, dem Bewahrer, und Shiva, dem Zerstörer, unzählige weitere Götter, Geister und Dämonen, die Ahnen und sogar Buddha, der aber nur den Status einer zweitrangigen Gottheit besitzt. Auch die Natur ist „ beseelt “, Steine, Flüsse, Tiere und Pflanzen sind durch das Übernatürliche belebt; neben der physischen Welt, sekala, existiert eine unsichtbare geistige, niskala genannt. Jeder Seinsform wird Bedeutung zugemessen, jedes Subjekt, jedes Objekt in kosmischem Bezug gesehen, jedes Ding und jedes Wesen besitzt seinen Platz, hat seinen Sinn und Zweck.
Als Bali Teil der Republik Indonesien wurde, die im Sinne des ersten Grundsatzes der Staatsphilosophie pancasila nur monotheistische Religionen anerkennt, einigten sich die balinesischen religiösen Organisationen darauf, ihre Glaubensvorstellungen zu vereinheitlichen und diese Religion Agama Hindu Bali zu nennen – 1958 wurde sie anerkannt und erhielt einen Sitz im indonesischen Religionsministerium : Offiziell werden all die Götter und Dämonen als Manifestationen eines einzigen, allmächtigen Gottes ( oder vielleicht besser : göttlichen Prinzips ) namens Sanghyang Widhi Wasa oder Sang Hyang Widi Wasa angesehen – lassen Sie sich von den unterschiedlichen Schreibweisen vieler Namen und Orte, die gleichzeitig in Gebrauch sind, nicht verwirren. Die Religion ist auf Bali ein ganz selbstverständlicher Teil des Alltags. Sie ordnet das Leben nicht nur des Einzelnen und seiner Familie, sondern auch das der Dorfgemeinschaft und zahlloser Vereinigungen. Religion und soziale Ordnung bilden ein untrennbares Ganzes. Und so ist die Teilnahme an religiösen Zeremonien und Tempelfesten für jeden Balinesen Pflicht, will er den göttlichen Schutz für seine Familie und sein Ansehen in der Gemeinschaft nicht gefährden.
Neben Riten und Ritualen, die die Götter gnädig stimmen und die Dämonen besänftigen sollen, prägen das Leben der Balinesen auch die Künste – obschon die balinesische Sprache den Begriff „ Kunst “ nicht einmal kennt. Kunst gehört hier zum Leben wie Luft oder Wasser, beinahe jeder ist auch Maler, Holzschnitzer, Steinbildhauer, Musiker – oder Tänzer. Wer beobachten kann, wie der Barong, ein mystisches Wesen, das die guten Kräfte symbolisiert, im Tanz mit der bösen Hexe Rangda ringt und so das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse neu ausbalanciert, erfährt viel von der spirituellen Kraft der Kunst. Die Gamelan-Musik schließlich prägt Melodie und Rhythmus des gesamten balinesischen Lebens, ganz selbstverständlich scheinen die Menschen ihr zu folgen.
Ich reise seit zwanzig Jahren regelmäßig nach Bali. Und bin mehr denn je der Überzeugung, dass man dort gar keine andere Wahl hat, als jeden Tag von Neuem erstaunt und ergriffen zu sein von der Freundlichkeit der Balinesen, von ihrer Geduld und ihrer Toleranz – und ihrer Begabung zum Glücklichsein. Ob als Pauschaltourist auf der wohlorganisierten Suche nach Erholung, als krisengebeutelter Sinnsuchender, bildungshungriger Individualist oder abenteuerlustiger Backpacker – wer sich auf Bali einlässt, erfährt etwas von diesem tiefen, existenziellen Glück. Versteht, warum die Balinesen so oft lächeln. Wird immer wieder dorthin reisen wollen. Und freudig erleben, dass dieses Paradies nicht verloren ist.


Füße waschen verboten!

Einst gab es nur eine einzige Möglichkeit, auf die Insel der Götter und Dämonen zu gelangen : Man bestieg den „ Schweineexpress “, einen Dampfer, der Singapur mit schlachtreifen Tieren aus Bali versorgte und auf dem Rückweg geruchsunempfindliche Passagiere mitnahm. Erst von 1924 an verband ein wöchentlich verkehrendes Dampfschiff die javanische Stadt Batavia, also das heutige Jakarta, mit Makassar auf Celebes, wie die Insel Sulawesi damals hieß. Unterwegs legte der holländische Dampfer, den der Volksmund aus Gewohnheit weiterhin „ Schweineexpress “ nannte, jeweils am Freitagmorgen im balinesischen Buleleng an, eine Handvoll Touristen ging von Bord und bestieg das Schiff nach zweieinhalb Tagen wieder, wenn es sich auf dem Rückweg befand.
Heute haben Sie die Wahl.
Der beschwerlichste Weg ist die vielstündige Anreise per Bus und Fähre aus Java. In diesem Fall sind Sie vermutlich Backpacker, deutlich unter dreißig und haben bereits einige zehrende Wochen in diversen südostasiatischen Ländern verbracht. In Ihrem Rucksack führen Sie zwei zerschlissene T-Shirts und eine Hose zum Wechseln mit sich – Unterwäsche wird bekanntlich überschätzt –, dazu mäßig wirksames Mückenspray, eine stylishe Sonnenbrille vom Nachtmarkt in Chiang Mai und die Kreditkarte, die Ihnen Ihre besorgten Eltern für Notfälle mitgegeben haben. Außerdem ein Smartphone und einen in Goa erstandenen Sarong, den Sie auch als Strand- und Handtuch benutzen, und um die mit dubiosen Flecken besprenkelten Matratzen der Homestays abzudecken. Ach ja, und vielleicht noch „ The Beach “ von Alex Garland. Eine „ Gebrauchsanweisung für Bali “ haben Sie leider nicht mit, schließlich konnten Sie beim Aufbruch in Bielefeld noch nicht ahnen, wohin es Sie verschlägt.
Landen Sie als Kreuzfahrtpassagier im Hafen von Benoa, verfrachtet man Sie höchstwahrscheinlich in einen klimatisierten Bus mit der Aufschrift „ Pariwisata “. Man fährt Sie zu einem fotogenen Tempel und präsentiert Ihnen in einem Dorf, dessen Namen Sie sich nicht merken müssen, einen Tanz, dessen Namen Sie gleich wieder vergessen. Vielleicht haben Sie sich stattdessen auch für Ausflug 7 zum „ Bali Bird Park “ entschieden oder die Riverraftingtour mit der Nummer 13 gebucht, in jedem Fall aber bringt man Sie rechtzeitig zum Dinner zurück zum Schiff. Tags darauf bedarf es, während Sie auf dem Sonnendeck eine eisgekühlte Bloody Mary schlürfen, Ihrer vollen Konzentration, den Schnappschüssen die korrekte Beschreibung hinzuzufügen, bevor Sie sie auf Facebook posten ( Sie sind zwar keine dreißig mehr, aber schließlich nicht von gestern ). Schatz, der Tempel im Sonnenuntergang, war das auf Bali oder Ko Samui ? Egal, die Freunde werden’s liken. Dafür benötigen Sie nicht unbedingt eine „ Gebrauchsanweisung “.
Die Anreise über den Wolken ist selbstverständlich die schnellste, wobei wir hier noch immer über 16 oder mehr Stunden reine Flugzeit sprechen. Direkt wird Denpasar aus deutschsprachigen Ländern nicht mehr angeflogen, und ist man nicht von Amsterdam aus mit der staatlichen Garuda Indonesia unterwegs, legt man zwangsläufig einen zwei- bis vierstündigen Stopp in Bangkok, Doha, Kuala Lumpur, Singapur, Hongkong oder Taipeh ein. Die Maschinen von Thai Airways oder Singapur Airlines sind komfortabel, der Service ist erstklassig und das Entertainmentprogramm ebenso attraktiv wie die Flugbegleiterinnen. Auch das erforderliche Umsteigen ist kein Nachteil. Das Vertreten der Beine vergrößert die Chance, thrombosefrei ans Ziel zu kommen, und die Zeit vergeht schnell. Besonders in einem monströs großen Flughafen wie dem Suvarnabhumi Airport in Bangkok, wo allein schon der Weg durch den neuerlichen Securitycheck zum Boardinggate eine halbe Stunde in Anspruch nimmt und zudem kilometerlange Shoppingarkaden sowie unzählige Restaurants locken. Sie sollten im Voraus überdies die Möglichkeit bedenken, eines der attraktiven Stopover-Programme zu buchen, ein günstiges Komplettpaket aus Transfers und ein bis drei Hotelübernachtungen. Jede der genannten Städte lohnt einen solchen Kurzaufenthalt.
Die letzte Teilstrecke ist dann im Vergleich zur ersten von erträglicher Länge, der Anflug auf Bali dank der bis ins Wasser gebauten Landebahn des Ngurah Rai International Airport spektakulär. Dass wie im Jahr 2013 eine Boeing 737 – 800 die Runway verfehlt und im Meer landet, stellt eine seltene Ausnahme dar – mit glimpflichem Ausgang übrigens, es gab nur Verletzte. Benannt ist der beim Ort Tuban, 13 Kilometer entfernt von der Hauptstadt Denpasar gelegene Flughafen nach dem 29-jährigen Oberstleutnant I Gusti Ngurah Rai. Er ließ am 20. November 1946 im Unabhängigkeitskampf gegen die Niederländer in einem puputan, einem Akt der Selbstaufopferung in hoffnungsloser Lage, sein Leben. Per Präsidentschaftsdekret No. 063/TK/Tahun 1975 wurde er zum Nationalhelden erhoben, sein Konterfrei schmückt den 50 000-Rupiah-Schein.
Parkt Ihr Flugzeug auf dem Vorfeld, erleben Sie einen zweifachen Klimaschock, wenn Sie bei über 30 Grad und – je nach Reisezeit – knapp 100 Prozent Luftfeuchtigkeit kurz vor dem Kollaps die Treppe hinabstiegen und gleich darauf im Bus, der Sie zum Terminal fährt, schockgefrostet werden. Dockt Ihr Flieger an, erahnen Sie die balinesischen Temperaturen nur kurz auf der Fluggastbrücke, über die Sie das Ende 2013 neu eröffnete, klimatisierte Terminalgebäude betreten, und es dauert noch, bis Sie der erste Schwall feuchtwarmer Luft trifft. Ein wenig trauere ich dem alten Flughafengebäude nach, das nun zur Abfertigung der Inlandsflüge dient, es hatte mehr landestypisches Flair als die äußerst großzügigen, aber gesichtslosen neuen Hallen. Ihr Bau war angesichts rapide steigender Fluggastzahlen unerlässlich; nun ist man für bis zu 25 Millionen Passagiere jährlich gerüstet. Auch scheinen die Einreiseformalitäten im neuen Terminal schneller vonstatten zu gehen. Bestenfalls benötigt man von der Landung bis zur Kofferausgabe nicht länger als eine halbe Stunde.
Viele Passagiere verspüren indes nach der Ankunft zunächst einmal das Bedürfnis, mit einer lokalen Sanitäreinrichtung Bekanntschaft zu schließen. Das ist erleichternd, zugleich aber auch eine optimale Gelegenheit, sich erster kultureller Unterschiede bewusst zu werden. Wer je in einer gemischtgeschlechtlichen Wohngemeinschaft gelebt hat, kennt diese Piktogramme, die den Mann domestizieren und das stehende Urinieren untersagen. Auf Bali findet sich eine ähnliche Anleitung, allerdings sowohl in den für Damen reservierten Toiletten ( angeschrieben mit wanita ) als auch in denen für Herren ( beschildert mit pria ). Das erste – sexuell nicht ausdifferenzierte – Strichmännchen sitzt, wie wir das kennen, auf der Toilette und zeigt so penggunaan yang benar, den richtigen Gebrauch. Mit den Worten penggunaan yang salah, „ falsche Verwendung “, ist das nächste Bild unterschrieben : Nun hockt das Strichmännchen mit den Füßen auf dem Rand über der Porzellanschüssel. Unter einem dritten Piktogramm liest man dilarang mencuci kaki de kloset, und während kloset tatsächlich mit Klosett übersetzt werden kann, bedeutet das Wort kaki erstaunlicherweise Fuß. Das Schild verbietet, die unteren Extremitäten in der Toilettenschüssel zu waschen. Möglich wäre das, der abgebildete Wasserschlauch existiert. Wenn Sie sitzen, hängt er zu Ihrer Rechten, während Sie links mit etwas Glück einen Halter mit dünnem, nicht sehr reißfestem Toilettenpapier finden – ein Zugeständnis an Touristen. Traditionell besteht die balinesische Toilette nämlich aus einem Loch am Boden, das zu beiden Seiten mit gerillten Fußständen versehen ist. Den Rücken zur Wand, den Kopf zur Tür, hockt man sich darüber. Hat man das Geschäftliche erledigt, schöpft man mit einer Plastikkelle Wasser aus einem gemauerten Becken oder einem Plastikeimer, und zwar mit der rechten Hand. Die linke benutzt man zur Säuberung – und genau aus diesem Grund nie, aber auch wirklich nie, beim Essen. Generell wird eine solche Toilette auch zur Körperreinigung verwendet, man steigt aber keineswegs in das Becken und verunreinigt das Wasser mit Seife und Schmutz, sondern übergießt sich mithilfe der Kelle von Kopf bis Fuß. Keine Angst, konnte man vor zwanzig Jahren außerhalb der Luxushotels kaum irgendwo eine westliche Toilette finden, ist es eher unwahrscheinlich, dass Sie heute noch auf eine traditionelle kamar kecil treffen. Auch auf die vertraute Dusche oder Badewanne müssen Sie in Ihrem Urlaub nicht verzichten.
Doch zurück in das Ankunftsgebäude des Flughafens. Sind die dringlichsten Bedürfnisse befriedigt, begeben Sie sich in der mit imposanten Säulen gegliederten Halle zu einem von mehreren Schaltern, an denen die Einreisegebühr entrichtet wird. Sie können in verschiedenen Währungen und mittlerweile sogar mit Kreditkarte bezahlen, doch am schnellsten geht es, wenn Sie 35 US-Dollar in bar bereithalten. Bei der Ausreise werden dann noch einmal 200 000 Rupiah fällig, die Sie am besten gleich nach dem ersten Geldwechsel beiseitelegen.
Mit der Quittung stellen Sie sich vor einem der Einreiseschalter an. Sie zeigen Ihren Reisepass vor, der unbedingt eine freie Seite enthalten und noch mindestens sechs Monate gültig sein muss, sowie die im Flugzeug mit Ihren persönlichen Daten und Ihrer ( oder wenigstens irgendeiner ) lokalen Adresse ausgefüllte weiße „ Arrival Card “. Bei Nachfrage sollten Sie die geplante Rück- oder Weiterreise belegen, also das entsprechende Flugticket vorzeigen können. Das ganze Prozedere verläuft recht schnell und unkompliziert, denn die Balinesen pflegen weder eine religiöse Hingabe an die Bürokratie wie die Inder, noch sehen Sie in jedem Gast einen potenziellen Terroristen wie die Amerikaner. Im Gegenteil, ein aller Wahrscheinlichkeit nach freundlich lächelnder Mitarbeiter heißt Sie als Gast willkommen. Er erteilt Ihnen ein „ Visa on Arrival “ für 30 Tage ( Vorsicht : der Einreisetag zählt bereits als erster davon ), klebt die entsprechende Bescheinigung in Ihren Pass und legt einen abgetrennten Abschnitt der „ Arrival Card “ dazu, den Sie sorgfältig aufbewahren sollten. Sie müssen ihn bei der Ausreise wieder abgeben. Eine einmalige Verlängerung des Touristenvisums für weitere 30 Tage ist später möglich, planen Sie jedoch einen längeren Aufenthalt, müssen Sie sich im Vorfeld der Reise um die entsprechende Genehmigung bemühen, ebenso, wenn Sie zu anderen als rein touristischen Zwecken unterwegs sind. Überziehen Sie die Visumsdauer, wird das keineswegs als Lappalie betrachtet, bestenfalls drohen 20 US-Dollar pro Tag, schlimmstenfalls fünf Jahre Haft !
Apropos : Das Kerobokan-Gefängnis ist berüchtigt. Man werde dort mit einem Dutzend anderer Gefangener in eine enge Zelle eingesperrt, hört man, regelmäßig laufe die Toilette über, und nachts liefen Ratten über die Schlafenden. Die leichteste Möglichkeit, den Hygienestandard dort persönlich zu überprüfen, stellt die Einfuhr von Drogen dar, schon kleinste Mengen reichen aus. Als 2010 ein unheilbar an Krebs erkrankter Tierpfleger aus Berlin mit 4,9 Gramm Marihuanasamen erwischt wurde, die er zur Schmerztherapie benötigte, forderte der Staatsanwalt acht Jahre Gefängnis. 2005 erregte der Fall einer 27-jährigen Australierin Aufsehen, in deren Surfbrett die Zollbeamten 4,2 Kilo Cannabis entdeckten. Vergeblich beteuerte sie, man habe ihr das Zeug am Flughafen unbemerkt zugesteckt; sie wurde zu zwanzig Jahren Gefängnis verurteilt. Schlimmstenfalls droht bei Drogenvergehen sogar der Tod durch Erschießen.
Verboten ist überdies die Einfuhr von Waffen und pornografischem Material, anmeldepflichtig sind Pflanzen, Tiere und frische Früchte. Die entsprechende Erklärung haben Sie ebenfalls schon im Flugzeug ausgefüllt und geben Sie, sobald Sie die Koffer vom Gepäckband geholt haben, am Zoll ab. Ist das gesamte Gepäck durchleuchtet und bei Verdacht durchsucht, haben Sie die Einreise geschafft. Die Anreise allerdings ist noch nicht zu Ende, denn bis Sie sich jetlaggeschädigt im Hotelbett, am Strand oder am Pool von den Strapazen erholen können, dauert es noch ein bisschen. Ins nahe Jimbaran benötigen Sie mit dem Auto zwar nur eine gute Viertelstunde und nach Kuta nicht wesentlich länger, bis Ubud jedoch sind es, je nach Verkehrsaufkommen, anderthalb bis zwei Stunden Fahrtzeit, nach Candi Dasa oder Lovina noch etwas mehr.
Erst einmal aber befinden Sie sich nach Passieren des Zolls in einem Teil der Flughafenhalle, der durch eine etwa ein Meter hohe Glaswand vom öffentlich zugänglichen Bereich getrennt ist. Dort warten mindestens fünfzig Balinesen, die Schilder mit den Namen der Gäste oder Reiseveranstalter hochhalten. Falls Ihr Transfer bereits durch das Hotel oder den Urlaubsanbieter organisiert wurde, müssen Sie nur noch Ihren Namen und so Ihren Fahrer finden und versuchen, sich dessen Gesicht einzuprägen. Gleich nach der Begrüßung werden Sie nämlich wieder getrennt. Ihr Weg ins Freie führt Sie zwangsweise durch einen Duty-free-Shop mit dem üblichen Sortiment. Vermutlich werden Sie im Ameisenhaufengewühl der Halle Ihre neue Bekanntschaft nicht wiedererkennen. Zumindest anfangs sind in Ihren Augen alle Balinesen eineiige Zwillinge. Doch können Sie sich darauf verlassen, dass Ihr Fahrer Sie findet. Kurz darauf gleiten Sie in seinem klimatisierten Minivan durch die Hitze, oder vielleicht auch durch einen sintflutartigen Regenguss, in jedem Fall aber durch ein geradezu groteskes Verkehrschaos.
Ohne organisierten Transfer benötigen Sie erst einmal einheimisches Geld. Da der Wechselkurs in Europa wesentlich ungünstiger ist als vor Ort, besitzen Sie vermutlich noch keine Rupiah und müssen eine der Wechselstuben im Flughafen aufsuchen – auch wenn der Umtausch in den Touristenorten noch vorteilhafter wäre. Grundsätzlich ist Vorsicht angezeigt. Vergleichen Sie den Kurs, der durchaus um ein paar Prozent differieren kann, achten Sie aber bei besonders guten Konditionen darauf, dass der „ Moneychanger “ keine Kommission verlangt. Gelegentlich verwenden Wechsler manipulierte Taschenrechner; rechnen Sie mithilfe Ihres Smartphones nach oder tauschen Sie eine glatte Summe, deren Gegenwert Sie im Kopf überschlagen können. Da mitunter aus den vorgezählten Scheinen die unteren wie von Zauberhand verschwinden, sollten Sie sich die Zeit nehmen, die erhaltenen Rupiah nachzuzählen. Fast überall auf Bali finden Sie zudem Automaten, aus denen Sie Bargeld ziehen können – informieren Sie sich vorab bei Ihrer Bank über die anfallenden Gebühren, deren Höhe beträchtlich sein kann, und klären Sie, ob Ihre Maestro-Karte für Indonesien überhaupt freigeschaltet ist. Beachten sollten Sie auch, dass der Höchstbetrag an den Automated Teller Machines, kurz ATMs, in der Regel auf umgerechnet etwa 100 Euro limitiert ist – wollte man einen 14-tägigen Hotelaufenthalt in bar bezahlen, müsste man die ATM-Kabine also täglich aufsuchen. Übrigens benötigen Sie die PIN auf Bali vielerorts nicht nur zum Abheben von Geld, sondern auch beim Bezahlen mit Ihrer Kreditkarte.
Sind Sie nun im Besitz von Rupiah, hat sich Ihr Traum erfüllt, und Sie dürfen sich – ohne den Einsatz von Telefon- oder Publikumsjoker – Millionär nennen : Anfang 2015 entsprachen 100 Euro etwa 1 500 000 Rupiah. Entscheiden Sie sich für eine Stückelung in 1000er-Noten, können Sie zwar wie Dagobert Duck in den allerdings meist schmutzigen Scheinen baden, müssen aber ganze Geldbündel mit sich schleppen. Der praktischste, weil größte Schein ist also die rosafarbene 100 000-Rupiah-Note, die gut vom blauen 50 000er und dem grünen 20 000er zu unterscheiden ist, in der Hektik allerdings leicht mit dem violetten 10 000er verwechselt werden kann – mit dem Sie gerade mal eine Dose Cola erstehen können. Viele Banknoten zu 5 000, vor allem aber zu 2000 und 1000 Rupiah sind kurz vor dem Zerfallen, diejenigen zu 500 oder 100 Rupiah nahezu aus dem Umlauf verschwundenen, ebenso die fast wertlosen Münzen zu 200, 100, 50 und 25 Rupiah. Gebräuchlich sind nur noch solche zu 1000 und 500 Rupiah. In Supermärkten erhalten Sie als Wechselgeld statt kleiner Beträge häufig Bonbons.
Auf der Suche nach einer Transportmöglichkeit sollten Sie sich am Flughafen keinem jener Schreihälse anvertrauen, die mit „ Taxi ! “ -Rufen Kunden ködern, um sie am Fahrtziel mit Fantasiepreisen abzuzocken. Begeben Sie sich besser zum offiziellen „ Taxi Service “ -Schalter und kaufen dort einen Coupon zum festgelegten Preis. Damit gehen Sie dann zu den wartenden Fahrzeugen. Natürlich besteht auch die Möglichkeit, ein Auto zu mieten, doch erfordert das über den internationalen Führerschein hinaus entweder ein reißfestes Nervenkostüm und ein gerüttelt Maß an Wagemut oder eine ausgeprägte Todessehnsucht. Zudem kommt es, rechnet man das Benzin und die Versicherungen hinzu, nur unwesentlich teurer, einen Wagen samt Fahrer zu mieten; auch ist man dann im Schadensfall aller Sorgen ledig. Die Preise steigen zwar seit Jahren, doch dürften Sie je nach persönlichem Verhandlungsgeschick für 40, 50, höchstens 60 Euro einen Englisch radebrechenden Fahrer finden, der Sie mit seinem bequemen und natürlich klimatisierten japanischen Automobil vom Hotel abholt, einen ganzen Tag lang zu den gewünschten Zielen kutschiert und zugleich als Guide fungiert. Stellt man das von Anfang an klar, verzichtet er sogar auf die Zwangsshoppingtour in das Schmuckgeschäft seines Bruders.
Beabsichtigen Sie jedoch unbeirrt, sich selbst ins balinesische Verkehrschaos zu stürzen, demgegenüber der römische Verkehr eher beruhigend wirkt, sollten Sie ein paar Dinge beachten. Der ungewohnte Linksverkehr stellt für viele Lenker kein unlösbares Problem dar, doch ist das Rechtsabbiegen angesichts der nicht nur während der Rushhour verstopften Straßen eine Herausforderung. Viele Balinesen fahren deshalb so lange geradeaus, bis ein U-Turn das Wenden auf die Gegenspur ermöglicht, von der sie dann auf dem Rückweg links einbiegen können. Vor allem im dicht besiedelten Süden Balis gibt es mehrspurige Straßen. Zwei Bahnen pro Richtung bedeuten, dass drei bis fünf Fahrzeuge parallel unterwegs sind : Mal überholt ein Pkw zwei nebeneinanderfahrende Limousinen oder Pick-ups, und zwar wahlweise links, mittig oder rechts, meist aber finden sowohl neben als auch zwischen den Autos die geradezu heuschreckenschwarmartig auftretenden Motorräder Platz. Erstaunlicherweise scheint das Fahrrad nicht zu den Hinterlassenschaften der holländischen Kolonialherren zu zählen. Während Amsterdam als Fahrradmetropole glänzt, schätzt man auf Bali das Zweirad nur motorisiert. Das mag dem Recht des Stärkeren geschuldet sein, das auf hiesigen Straßen gilt und ganz eindeutig die Kaste der Bus- und Lkw-Fahrer privilegiert.
Im Gegensatz zu früher befördern die meisten Motorräder und -roller abgesehen vom Fahrer allenfalls eine weitere Person auf dem Sozius. Und in der Regel bevorzugen beide den geschützten Verkehr, kommen also der staatlich verordneten Helmpflicht nach, tragen indes weder Lederjacke noch Nierengurt, sondern T-Shirts, Shorts und Flipflops. Mitunter balancieren jedoch auch heute noch fünfköpfige Familien samt Einkäufen zirkusreif auf einem Gefährt. Und sollten vor Ihnen zwei Mopedfahrer in konstantem Abstand nebeneinander unterwegs sein, ist es ratsam, die Schaufensterscheibe, die sie zwischen sich transportieren, zu beachten.
In diesem Fall könnten funktionierende Bremsen von Vorteil sein, ansonsten ist eher das Betätigen einer Hupe angesagt. Balinesen signalisieren damit, dass sie überholen wollen oder dass der andere sie überholen kann oder dass der andere nicht überholen soll. Mit lautem Signal kündigen sie an, dass sie in eine Straße einbiegen möchten oder dass sie nicht bereit sind, einen anderen einbiegen zu lassen. Kurz : Durch pausenloses Hupen versichern sich balinesische Verkehrsteilnehmer ihrer Existenz : bucino ergo sum. Ampeln betrachten Balinesen als freundliche Empfehlungen. Sollte ein Rotlicht tatsächlich für einen Stopp sorgen, ist es der Ehrgeiz jedes Motorradfahrers, so nahe wie möglich an der Haltelinie auf die Weiterfahrt zu warten. Es bildet sich also ein dichtes Knäuel aus Zweirädern um die vordersten Autos, das sich bei Grün erst wieder sukzessive entwirren muss.
In ländlicheren Gegenden gibt es natürlich nur eine Spur pro Richtung. Da keine Seitenstreifen existieren, unmittelbar neben der Straße Wassergräben verlaufen und die Hälfte der Fahrbahn alle paar Meter durch ein parkendes Fahrzeug, Bauschutt, spielende Kinder oder schlafende Hunde blockiert oder durch ein riesiges Schlagloch unbefahrbar ist, wird man immer wieder zum Ausweichen auf die Gegenfahrbahn gezwungen. Balinesen sind wahre Meister im Abschätzen von Distanzen und Geschwindigkeiten und nähern sich solchen Stellen von beiden Seiten rasant und lustvoll hupend. Da ihnen das Bedürfnis westlicher Fahrer, links und rechts vom Fahrzeug einen halben Meter Luft zu wissen, völlig fremd ist, sehen sie keinen Grund, ihre Geschwindigkeit zu reduzieren, solange zwischen ihrem Fahrzeug und einem entgegenkommenden Motorrad jene drei Zentimeter Abstand bleiben, die sie für absolut ausreichend erachten. Die größte Gefahr stellen allerdings ängstliche Touristen dar, die in solchen Situationen abrupt bremsen und damit Auffahrunfälle verursachen.
Dass Touristen jedoch angesichts von Fußgängern, mit denen eine Kollision droht, nur selten bremsen, ist eine verlässliche Quelle meines Missvergnügens auf der Insel. Balinesen hupen, drosseln aber im Zweifelsfall entweder rücksichtsvoll das Tempo und warten ab, bis man ihnen Platz macht, oder zischen gekonnt so knapp vorbei, dass ihr Fahrtwind für eine willkommene Kühlung sorgt. Motorradfahrende Alphamännchen aus westlichen Ländern und ihre keineswegs selteneren weiblichen Pendants fahren hingegen unverfroren weiter. Entweder wollen Sie damit ihren persönlichen Beitrag zur Eindämmung der Touristenströme leisten und ihre zu Fuß spazierenden Artgenossen dezimieren, oder sie sind schlicht unfähig, den erforderlichen Minimalabstand einzuschätzen.
In der Regel gilt also : Kommt Ihnen ein Kraftradfahrer auf engem Weg entgegen, müssen Sie blitzschnell dessen ethnische Herkunft checken. Handelt es sich um einen Balinesen, schlendern Sie unbesorgt weiter, andernfalls sollten Sie sich durch einen beherzten Sprung in den stinkenden Brackwassergraben retten. Hupt es in Ihrem Rücken, ist der Fall problematischer, denn bis Sie sich umgedreht haben, um zu eruieren, wer der Urheber des Signals war, liegen Sie angeschrammt im Dreck.
Die Gattung der Fußgänger wiederum ist für die motorisierten Verkehrsteilnehmer nicht minder unheilvoll, insbesondere die Spezies der schnäppchenjagenden Touristen, die fokussiert auf gefälschte Markenartikel wie blinde Hühner die Straßen überqueren. Gelegentlich verschwinden Fußgänger auch unerwartet von der Bildfläche : An einigen Orten hat man die Gräben neben der Straße mit Stein- oder Betonplatten überdeckt und so eine Art Trottoir geschaffen. Nicht wenige Platten fehlen oder sind zerbrochen, und so riskieren schaufensterfixierte Flaneure allerorten den metertiefen Sturz ins Abwasser und einen Beinbruch.
Doch noch sind wir ja bei der Ankunft auf Bali. Der chaotische Verkehr, bedauerlicherweise Ihr erster Eindruck nach Verlassen des Flughafens, stellt ohne Frage eine Schattenseite der Insel dar. Doch darf Sie das nicht zu voreiligen Schlüssen verleiten. Wo Schatten ist, ist auch Licht, lehrt die Physik. Dass Gutes und Böses sich wechselseitig in ihrer Existenz bedingen, weiß die balinesische Spiritualität. Davon soll später noch ausführlich die Rede sein. Nun aber wartet erst einmal Ihr neues Zuhause auf Sie …

Thomas  Blubacher

Über Thomas Blubacher

Biografie

Thomas Blubacher, 1967 in Basel geboren und promovierter Theaterwissenschaftler, ist als freier Autor und Bühnenregisseur in Deutschland, Österreich, der Schweiz und den USA tätig. Er publizierte mehrere Bücher, u.a. Biografien über die Geschwister Eleonora und Francesco von Mendelssohn, Gustaf...

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