Lieferung innerhalb 1-3 Werktage
Bezahlmöglichkeiten
Vorbestellung möglich
Kostenloser Versand*
Die Spione des Papstes

Die Spione des Papstes

Mark Riebling
Folgen
Nicht mehr folgen

Der Vatikan im Kampf gegen Hitler

„Ein bestens recherchiertes und spannend wie ein Roman geschriebenes Buch.“ - Ruhr Nachrichten

Alle Pressestimmen (8)

E-Book (12,99 €)
€ 12,99 inkl. MwSt.
sofort per Download lieferbar
In den Warenkorb
Geschenk-Service
Für den Versand als Geschenk können eine gesonderte Lieferadresse eingeben sowie eine Geschenkverpackung und einen Grußtext wählen. Einem Geschenkpaket wird keine Rechnung beigelegt, diese wird gesondert per Post versendet.
Kostenlose Lieferung
Bestellungen ab 9,00 € liefern wir innerhalb von Deutschland versandkostenfrei

Die Spione des Papstes — Inhalt

Das Schweigen des Vatikans zum millionenfachen Morden der Nazis ist und bleibt eine der großen Kontroversen unserer Zeit. Bis heute wird diskutiert, warum Papst Pius XII. öffentlich nicht deutlicher intervenierte. Mark Rieblings fesselnde Aufarbeitung der Rolle des Vatikans im Widerstand gegen Hitler fügt der historischen Wahrheitssuche neue, wichtige Facetten hinzu. Denn während Papst Pius noch Geburtstagskarten an Hitler schrieb, unterstützte er im Geheimen die Attentatspläne des deutschen militärischen Widerstands. Riebling beschreibt das doppelte Spiel des Papstes historisch präzise und zugleich "spannend und faszinierend" (Wall Street Journal).

€ 12,99 [D], € 12,99 [A]
Erschienen am 02.06.2017
Übersetzt von: Enrico Heinemann, Norbert Juraschitz
496 Seiten, WMePub
EAN 978-3-492-97601-5
Download Cover

Leseprobe zu „Die Spione des Papstes“

Prolog


Im April 1945 versuchten die Nationalsozialisten den Mann zu brechen, den sie als den besten Agenten des Vatikan-Geheimdienstes in Deutschland bezeichneten. Oberflächlich betrachtet, war Josef Müller nur ein bayerischer Rechtsanwalt mit auffallend großen Ohren, Pfeifenraucher und Briefmarkensammler. Aber seit seiner Verhaftung, die deshalb erfolgt war, weil er Juden mit falschen Papieren und Geld ausgestattet hatte, erschien er plötzlich als Akteur in einem Kriminalfall von sensationeller Be­­deutung. Die Ge­­stapo warf Müller vor, er habe an [...]

weiterlesen

Prolog


Im April 1945 versuchten die Nationalsozialisten den Mann zu brechen, den sie als den besten Agenten des Vatikan-Geheimdienstes in Deutschland bezeichneten. Oberflächlich betrachtet, war Josef Müller nur ein bayerischer Rechtsanwalt mit auffallend großen Ohren, Pfeifenraucher und Briefmarkensammler. Aber seit seiner Verhaftung, die deshalb erfolgt war, weil er Juden mit falschen Papieren und Geld ausgestattet hatte, erschien er plötzlich als Akteur in einem Kriminalfall von sensationeller Be­­deutung. Die Ge­­stapo warf Müller vor, er habe an einem Komplott zur Ermordung Hitlers teilgenommen, mit „ der katholischen Geistlichkeit “, die „ hier ein[en] besondere[n] Nachrichtendienst aufgezogen “ habe.
Müller dachte allerdings gar nicht daran, ein Geständnis abzulegen. Er » hatte Nerven wie Drahtseile und be­­herrschte die Situation «, erinnerte sich ein Mitarbeiter des Gefängnisses. Als ihm die Wärter die Fesseln abnahmen, stürzte er sich auf sie und versuchte sie mit Jiu-Jitsu niederzuringen. Seine Entschlossenheit nötigte den Mitgefangenen, die ihn für einen Durchschnittsmenschen ge­­­halten hatten, Ehrfurcht ab. „ Wenn man ihn ansah “, schrieb ein britischer Spion, der mit Müller einsaß, » war er nur ein gewöhnlicher vierschrötiger Mann mit rosigem Teint und einem aschblonden Bürstenschnitt, der Typ, den man keines zweiten Blicks würdigt, wenn man ihm irgendwo be­­gegnet, dabei aber der tapferste und entschlossenste Mann, den man sich vorstellen kann «.
Ein einbeiniger SS-Hüne trat in Müllers Zelle. Sturmführer Kurt Stawizki kettete Müller an seinen Fußschellen an das Gitter an. Müllers Zellennachbarn im Kon­zentrationslager Flossenbürg sahen mit an, wie er mit auf den Rücken gefesselten Händen seine Essensration wie ein Hund von einem Teller auf dem Boden essen musste.
Stawizki durchwühlte Müllers Koffer und nahm einen Umschlag heraus. Dieser enthielt einen Brief von Müllers Frau, die wissen wollte, was aus ihm geworden war. In einem beigefügten Brief teilte ihm seine Tochter mit, dass sie am kommenden Sonntag ihre Erstkommunion feiern würde. Stawizki nahm beide Briefe und zerriss sie.
Er wollte mehr über Müllers Verbindungen zum Vatikan herausbekommen. In einer Akte zum Fall wurde dieser „ ein ungewöhnlich geschickter Mann aus der jesuitischen Schule “ genannt, über den regimekritische deutsche Generäle „ Verbindungen zum Papst “ unterhielten. Wie aus beschlagnahmten Unterlagen zu Plänen für einen Putsch hervorging, hatte Pius XII. Müller mitgeteilt, dass ein Frieden mit dem Deutschen Reich grundsätzlich nur nach einem Regierungswechsel möglich sei.
Stawizki konfrontierte Müller mit einem Papier zum Putschplan. Der einleitende Satz lautete : „ Anständige Deutsche haben sich entschlossen, über den Vatikan mit den Engländern Verhandlungen aufzunehmen. “ Stawizki las den Text laut vor und schlug Müller jedes Mal, wenn er auf die Worte „ anständige Deutsche “ stieß, mit der Handkante auf die Oberlippe, bis ihm Zähne ausfielen. Am Ende versetzte er ihm einen so heftigen Hieb, dass Müller auf seinem Stuhl umkippte. Dann trat er auf ihn ein und brüllte : „ Verrecke, du Hund ! “
Am Sonntag, den 8. April, ging Müller mit einem verschwollenen Gesicht voller Blutergüsse schlurfend in seiner Zelle auf und ab, um wieder etwas Blut in seinen tauben Füßen zirkulieren zu lassen. Plötzlich wurde die Tür aufgerissen. „ Jetzt geht das Theater zu Ende “, sagte Stawizki und schrie durch den Korridor : „ Ist der Adjutant im Liquidationshof ? “
Der Galgen stand auf dem Paradeplatz. Sechs Stufen­leitern führten zu einer Reihe Haken hinauf, an der Schlingen hingen. „ Oftmals wurden die Personen nackt aufgehängt “, hieß es in einem Bericht zu Kriegsverbrechen über Flossenbürg. „ Die unglücklichen Opfer wurden vor dem Aufknüpfen häufig so lange geprügelt, bis sie darum bettelten, endlich erhängt zu werden, damit ihre Qualen ein Ende hätten. Eine andere Hinrichtungsmethode bestand darin, die betreffende Person an den Handgelenken aufzuhängen und an den Knöcheln ein schweres Fass zu befestigen. Risse in inneren Organen führten zum Tod. “
Der sowjetische Kriegsgefangene Generalmajor Pjotr Pri­walow sah mit an, wie Müller zum Galgen geführt wurde. Er rief ihm etwas zu in der Hoffnung, dass ihn ein letzter Blick noch einmal aufrichten könnte. Weil er Russisch redete, reagierte Müller allerdings zunächst nicht. Als er schließlich doch aufschaute, wirkte er „ zufrieden “ und verschwand aus Priwalows Blickfeld.

 

 

KAPITEL 1
Dunkelheit über der Erde

 

Sechs Monate vor Ausbruch des Zweiten Weltkriegs ­strömten die Kardinäle der katholischen Kirche in Rom zusammen. Die Türen zur Sixtinischen Kapelle schlossen sich. Die Schweizergardisten pflanzten ihre Hellebarden auf, um so lange keinen mehr hinein- oder hinauszulassen, bis das Konklave den neuen Führer der weltgrößten Reli­gionsgemeinschaft auserwählt haben würde. Am nächsten Tag, dem 2. März 1939, blickten Tausende Zuschauer er­­wartungsvoll auf den Schornstein über der Kapelle. Zweimal stieg schwarzer Rauch als Zeichen einer gescheiterten Wahl auf. Als weiterer Rauch auf sich warten ließ, steigerte sich wie gewöhnlich Spannung. Erstmals in der Ge­­schichte des Papsttums hatte dieses Spektakel einen ge­­waltigen Andrang an ausländischen Presseleuten verursacht. Deren Fotoobjektive erinnerten einen Zeitzeugen an „ Panzerabwehrkanonen “. Während Europa dem Krieg entgegen­driftete, konnten die Worte des neuen Pontifex die Stimmungslage verändern. Vielleicht würde seine diskrete Di­­plomatie die Entwicklungen in eine neue Richtung lenken. „ Noch nie seit der Reformation “, so schrieb ein Beobachter, » war die Wahl eines Pontifex von der ge­­samten Welt mit solcher Besorgnis erwartet worden. «
Um 17 Uhr 29 stieg über dem Schornstein eine weiße Qualmwolke in den Himmel. Hüte flogen empor, Kanonen donnerten, Glocken läuteten. Auf dem Balkon des Petersdoms beugte sich der Dekan des Kardinalskollegiums über ein Mikrofon. „ Ich verkünde euch große Freude. Habemus Papam ! Den hochwürdigsten Kardinal Eugenio Pacelli, der den Namen Pius XII. angenommen hat. “
Mit zögernden Schritten trat der neue Papst an die Balustrade. Er war majestätisch groß. In seinem totenblassen Gesicht glänzten Augen wie schwarze Diamanten. Als er eine Hand hob, legte sich Stille über den Petersplatz. Die Menge sank in die Knie. Dreimal schlug der Papst ein Kreuz. Unter aufbrandendem Getöse erhoben sich die Menschen wieder. Rufe wie „ Eviva il papa ! “ erschollen über dem Stakkato des „ Pacelli, Pacelli, Pacelli ! “. Auf dem Balkon breitete Pius mit Ärmeln, die wie weiße Flügel schwangen, in einer segnenden Geste die Arme aus. Dann drehte er sich abrupt um und verschwand im Petersdom.
Im Apostolischen Palast trat Pacelli in das Schlafgemach eines kranken Freundes ein. Kardinal Marchetti Selvag­giani versuchte sich aufzurichten und flüsterte : „ Heiliger Vater. “ Pacelli, so ein Bericht, soll seine Hand ergriffen und gesagt haben : „ Lass mich heute Abend noch Eugenio sein. “ Aber den Mantel des Pontifex Maximus, den vor ihm 257 Heilige und Schurken für sich beansprucht hatten, trug der Papst schon jetzt. Ab dem ersten Augenblick seiner Wahl, so schrieb er später, habe er „ die ganze Wucht der schweren Verantwortung “ des Amts gespürt.
Nach der Rückkehr in seine Privaträume fand er eine Geburtstagstorte mit 63 Kerzen vor. Er dankte seiner Haushälterin, rührte die Torte aber nicht an. Nach einem Rosenkranzgebet rief er seinen langjährigen Weggefährten Monsignore Ludwig Kaas zu sich. Zusammen verließen sie die Privatwohnung und kehrten erst um zwei Uhr morgens zurück.
Was während dieses Gangs geschah, sollte einer der ­ersten autorisierten Biografen des Papstes so schildern : Pa­­celli und Kaas schritten durch entlegene Flure des Apos­tolischen Palastes und gelangten zu einer Nische an der Südwand der Petersbasilika. Zwischen Statuen des heiligen Andreas und der heiligen Veronika öffneten sie eine Tür, die in einen Tunnel führte, und kamen schließlich an eine schwere Bronzetür mit drei Schlössern. Kaas schloss sie mit seinen Schlüsseln auf, sperrte hinter ihnen ab und folgte Pacelli über eine Metalltreppe in die Vatikanischen Grotten hinab.
Die Luft war heiß und stickig, angefeuchtet vom nahe gelegenen Tiber. Durch das Gewölbe führte ein gewundener Gang, in dem Päpste und Könige in ihren Särgen übereinandergestapelt zur letzten Ruhe gebettet waren. Pacelli raffte seine Soutane zusammen und kniete vor einem flachen Aufbau nieder, unter dem eine Höhlung verborgen war. Nach kurzer Besinnung fasste er seinen ersten Entschluss als Papst. Sein Pro-Staatssekretär bezeichnete diesen als einen „ Stern, der seinen beschwerlichen Weg erleuchtete […], aus dem er Kraft und Standhaftigkeit zog und aus dem […] so das Programm seines Pontifikats hervorging “. Mit dieser Entscheidung wollte Pacelli das rätselhafteste Geheimnis des Vatikans lüften. Und die Geister, denen er auf dieser Suche begegnete, sollten zu seinen Führern werden.
Das Rätsel, das Pacelli zu lösen beschloss, war so alt wie die Kirche. Irgendwann im 1. Jahrhundert war Petrus nach Rom gezogen, hatte eine Kirche geführt, die ihn in Konflikt mit der Staatsgewalt brachte, und war im Sumpf­gebiet des Vatikanum, das für seine großen Schlangen und seinen schlechten Wein bekannt war, an einem Kreuz ge­­storben. Die junge Kirche tauchte daraufhin buchstäblich in den Untergrund ab und suchte, so die Legende, in den Katakomben Zuflucht. Die Nachfolger von Petrus, dem ersten Papst, hielten den Standort von dessen Grabstätte vorsichtshalber geheim. Gleichwohl kursierte unter den Römern lange Zeit das Gerücht, dass es unter dem Hochaltar der nach ihm benannten Basilika liegen sollte. Die Gerüchte drehten sich um einen sechs mal zwölf Me­­ter großen Haufen aus Ziegelwerk und anderem unbekanntem Material. Niemand wusste, was in seinem mysteriösen Inneren oder unter ihm verborgen lag. Manchen zufolge sollte dort ein Schacht sein, in den mittelalterliche Priester Silber- und Goldgerät hinabgeworfen hatten, wo­hingegen andere meinten, er enthalte einen „ Bronzekasten “ mit den Gebeinen Petri. Bislang war noch kein Er­­kundungsteam diesen Legenden auf den Grund gegangen. Laut dem Vatikan lastete auf der sagenumwobenen Grabstätte ein tausendjähriger Fluch, der in Geheimdokumenten mit apokalyptischem Inhalt erläutert sei : Über jeden, der an dem Grab rühren würde, bräche größtes Unheil herein.
Pacelli hatte dieses Tabu schon 1935 gebrochen. Als Pius XI. darum bat, unter dem Hochaltar bestattet zu ­werden, musste die Krypta erweitert werden, um seinen Sarg später dort unterzubringen. Verantwortlich war da­­mals Pacelli, der neben anderen Ämtern auch das des Magnus Cancellarius des Päpstlichen Instituts für christliche Archäologie ausübte. Er beschloss, den Fußboden abgraben zu lassen, um einen knappen Meter mehr an Raumhöhe zu gewinnen. Auf einer Tiefe von gut 70 Zenti­metern stießen die päpstlichen Ausgräber überraschend auf die Fassade eines Mausoleums mit schmückenden Friesen, die Schädel und Pygmäen darstellten – eine heidnische Allegorie auf den Zweikampf zwischen Leben und Tod. Wie sich herausstellte, lag die vatikanische Krypta über einer verschollenen Nekropole, an der seit der römischen Kaiserzeit keiner mehr gerührt hatte.
In seiner Ahnung, Petrus’ Gebeine könnten in ihr verborgen liegen, wollte Pacelli weitergraben lassen, aber Pius XI. stellte sich quer. Seine Kardinäle bezeichneten das Vorhaben als Sakrileg. Und seine Architekten hielten es für gefährlich. Wenn die Ausgräber die Stützpfeiler von Michelangelos gewaltigem Dom beschädigten, würde die größte Kirche der Welt womöglich einstürzen.
Pacelli vertraute allerdings mehr als jeder Papst vor ihm auf die Wissenschaft. Er hatte sich als frommer katholischer Schüler an einem staatlichen Gymnasium wegen des Unrechts, das die Kirche an Galilei begangen hatte, Sticheleien anhören müssen, hatte zum Ausgleich aber Hochachtung vor den Abenteuern des Verstands entwickelt. „ O Abtaster des Himmels ! “, schwärmte er, „ Giganten, wenn ihr die Sterne vermesst und Nebel benennt. “ Er pries die Wissenschaften und ihre Anwendungen : Seine Lobeshymnen auf Eisenbahnen und Fabriken lesen sich wie Auszüge aus Ayn Rands Roman Atlas wirft die Welt ab. Kein Ingenieursproblem konnte ihn schrecken, kein religiöser Fluch eine Recherche behindern. „ Die Helden der Forschung “, sagte Pacelli, fürchteten keine „ Stolpersteine und Risiken “. Jetzt, da er in seiner ersten Nacht als Papst vor der stillgelegten Grabungsstätte kniete, entschloss er sich, eine umfassende archäologische Erkundung durchführen zu lassen.
Diese Untersuchung kündigte, gleichsam im Kleinen, das gewaltige Geheimunternehmen seines Pontifikats an. Denn hier, an der Stätte dieses kühnen Projekts, sollten Pacellis Mitarbeiter mit seinem Segen zusammentreffen, um ein noch kühneres in Angriff zu nehmen. Dieses zweite Vorhaben trug wie das erste die Signatur von Pacellis Papstherrschaft. Beide Projekte wurden unter obsessiver Geheimhaltung betrieben. Beide brachten es mit sich, dass zwischen öffentlichen Äußerungen und verstecktem Tun eine riesige Lücke aufklaffte. Beide brachten sie die katholische – also die größte – Kirche der Welt in Gefahr. Und beide sollten Kontroversen heraufbeschwören, die Pacellis Herrschaft so unglückselig erscheinen ließen, dass manche meinten, der Papst habe sich tatsächlich den Fluch des geschändeten Grabes zugezogen.
Während Pacelli in der Krypta unter dem Petersdom betete, brannten in der gefürchtetsten Adresse Deutschlands bis spät in die Nacht die Lichter. Der fünfgeschossige Bau in der Prinz-Albrecht-Straße 8 in Berlin hatte als Kunstgewerbeschule gedient, bis die Nationalsozialisten seine Bildhauerateliers in Gefängniszellen umfunktionierten. An der großen Vordertreppe standen zwei Wachen mit Pistolen und Schlagstöcken. Im obersten Stock des Nachbargebäudes – des ehemaligen Hotels Prinz Albrecht – arbeitete der Reichsführer SS, Heinrich Himmler, der Leiter der Schutzstaffel ( SS ), die Hitler als Terrortruppe diente. In einem angrenzenden Büro tippte Himmlers Vatikan-Experte Hartl hektisch auf einer Schreib­maschine, um zum frisch gewählten Papst ein Dossier vorzubereiten.
Sturmbannführer Albert Hartl war ehemaliger Priester. Er trug runde Brillengläser im runden Gesicht und erinnerte mit seinem Büschel Haar auf dem Kopf an einen Irokesen. Seine Frau beschrieb ihn als „ wortkarg, pingelig, ausweichend [… und] sehr launisch “. Nach dem Tod seines Vaters, eines Freidenkers, war er Priester geworden, um der frommen Mutter einen Gefallen zu tun. Seine Oberen verärgerten ihn mit der Feststellung, dass er „ für den Umgang mit Mädchen nicht geeignet erscheine “. Nachdem er seinen besten Freund, einen Priesterkollegen, an die Nazis verraten hatte, kehrte er unter mysteriösen Umständen der Kirche den Rücken.
„ Er behauptet “, so ein Vernehmer nach dem Krieg, „ er sei eines Morgens im Januar 1934 im Hauptquartier der Gestapo aufgewacht, voller schwarzer und blauer Flecken und mit heftigen Schmerzen. An einem Fuß habe er eine große Wunde gehabt. Sein Kopf sei überall geschwollen und voller eitriger Wunden gewesen – mit blauen und aufgedunsenen Lippen. Zwei Zähne hätten gefehlt. Er sei gnadenlos verprügelt worden, habe sich aber an nichts mehr erinnern können. “ Hartl hatte einen großen Mann mit dem ovalen Gesicht eines „ gefallenen Engels “ über sich. SS-Spionagechef Reinhard Heydrich erklärte, Hartl sei „ von Fanatikern der Kirche verprügelt und vergiftet worden “.
Heydrich bot ihm an, in den NS-Geheimdienst einzutreten. Als Chef der Abteilung II/113 im Sicherheitsdienst der SS ( SD ) würde er einen Stab aus ehemaligen Priestern leiten, die katholische NS-Gegner ausspionierten. Zu Hartls Aufgaben gehörte es, die „ Verbindungen, Wirkungsmöglichkeiten und Einflussgebiete der wichtigsten Persönlichkeiten […] aufzudecken, die entscheidenden Aktivisten zur Strecke zu bringen “. Wie Hitler selbst gesagt hatte : „ Wir wollen keinen anderen Gott haben als nur Deutschland allein. “ Hartl war sofort zum Eintritt in die SS entschlossen. Wie sich ein Kollege erinnerte, habe er ihr dann mit dem ganzen Hass eines Abtrünnigen ge­­dient. In seinem aktualisierten Lebenslauf schrieb er, dass der Kampf gegen die Welt, die er so gut gekannt habe, zu seinem Lebenswerk geworden sei.
Die Wahl des neuen Papstes gab Hartl die Chance zu brillieren. Er hoffte, dass höhere Führungsfiguren, vielleicht sogar Hitler, sein SD-Dossier über Pius lesen würden. Er durchforstete unter Verschluss gehaltene und öf­­fentliche Quellen, siebte anhand der eigenen Erfahrungen Fakten aus und stellte sie in prägnanter Kürze dar, um viel beschäftigten Politikern entgegenzukommen.

Papst Pius XII. ( Kardinal Pacelli )
Lebenslauf :
2. März 1876 in Rom geboren
1917 Nuntius in München, intensive Mitwirkung in den Friedensbemühungen des Vatikans
1920 Nuntius in Berlin [, bis 1925 auch bayerischer Nuntius ( in Personalunion )] 1929 Kardinal
1930 Kardinalstaatssekretär : Reisen nach Amerika und Frankreich.


Haltung gegenüber Deutschland : Pacelli war zunächst stets besonders deutschfreundlich und für seine herausragende Kenntnis der deutschen Sprache bekannt. Dennoch führte ihn die Verteidigung einer orthodoxen Politik der Kirche in eine grundlegende Gegnerschaft zum Nationalsozialismus.
Begonnen hatte der Zweikampf zwischen der katholischen Kirche und dem Nationalsozialismus mit einer Übereinkunft. Bei der NS-Machtübertragung 1933 pries Pius XI. Hitlers Antikommunismus und ging auf ein Angebot ein, die Rechte der Katholiken im Reich offiziell zu machen. Sein Kardinalstaatssekretär Pacelli handelte ein Konkordat aus, das der Kirche jährliche Steuereinnahmen von 500 Millionen Reichsmark verschaffte. „ Mit der Unterzeichnung dieses Konkordats “, schrieb Hartl, „ wies der Papst Millionen bislang auf Distanz bedachten Katholiken den Weg zu Hitler. “ Gegen Mitte des Jahrzehnts erwies sich das Reichskonkordat für Hitler allerdings als hinderlich. Pacelli bombardierte Berlin mit 55 Protestnoten, in denen er Vertragsbrüche anprangerte. Es wurde klar, so ein SS-Offizier, dass es „ absurd wäre, Pacelli NS-Freundlichkeit vorzuwerfen “.
Pacellis öffentliche Äußerungen verärgerten Berlin. In der Enzyklika Mit brennender Sorge von 1937, die Pius XI. veröffentlicht hatte, war der deutsche Staat beschuldigt worden, sich zur Ausrottung der Kirche verschworen zu haben. Die drastischsten Worte, so vermerkten NS-Beobachter, stammten aus Pacellis Protesten : „ Hass “, „ Machenschaften “, „ Vernichtungskampf “. Mit diesen Begriffen, so sah es Hartl, habe Pacelli die ganze Welt zum Kampf gegen das Reich aufgerufen.
Und am schlimmsten : Pacelli predigte die Gleichwertigkeit der Rassen : „ Das Christentum habe alle Rassen, ob es nun Neger oder Weiße seien, zu einer einzigen großen Gottesfamilie zusammenzufassen “, spottete Hartl. „ Deshalb stünde die Kirche auch dem Antisemitismus fern. “ Bei einer Rede in Frankreich hatte Pacelli den „ Aberglauben der Rasse und des Blutes “ verdammt. Infolgedessen zeichneten NS-Karikaturisten einen hakennasigen Pacelli, der mit dem schwarzen Leichtathleten Jesse Owens und Rabbis herumtollt. Derweil verkündete Hartl, dass „ fast ausnahmslos die gesamte verjudete USA-Presse Pacelli “ begrüßt habe.
Eine Gefahr stellten diese Lehren deshalb dar, weil sie mehr als Rhetorik waren. Die Gestapo befand Katholiken für „ ideologisch unbelehrbar “, da sie fortgesetzt jüdische Händler schützten. Wie die SS notierte : In eben jenen Bezirken, in denen noch der politische Katholizismus herrsche, seien die Bauern von dessen Lehren so infiziert, dass sie gegenüber jeder Diskussion über rassische Probleme taub seien. Katholische Bauern tauschten ein Schild mit der Aufschrift „ Juden nicht erwünscht “ gegen eines mit „ Juden sehr erwünscht “ aus.
Hartl führte diese unbeugsame Haltung auf ein fins­teres Anliegen zurück, das durch Pater Joachim Birkner, einen Freund Pacellis aus dem Priesterseminar, der im Va­tikanischen Geheimarchiv arbeitete, wo er angeblich Forschungen zur Kirchendiplomatie im 16. Jahrhundert durchführte. Tatsächlich spionierte Birkner für die SS. Er fixierte sich auf Pacellis persönlichen Mitarbeiter Robert Leiber, der bisweilen als „ böser Geist des Papstes “ bezeichnet wurde.
Pater Leiber habe dem Informanten mitgeteilt, so der Bericht der SS, die größte Hoffnung der Kirche bestehe darin, dass das nationalsozialistische System in naher Zu­­kunft durch einen Krieg zerstört werde. Sollte der Krieg ausbleiben, erwarte die Diplomatie des Vatikans eine Veränderung der Lage in Deutschland spätestens nach dem Tod des Führers. Birkners Bericht fiel mit einem Appell Pacellis an die Christen zusammen. Hartl fasste diesen als Aufruf zum Widerstand gegen Hitler auf.
Damals erschien Pacelli als das innerste Zentrum eines Kriegs gegen das Reich, der nicht so bald enden würde. Solange es eine römische Kirche gebe, warnte Hartl, würden sie deren ewige politische Ansprüche in einen Kampf mit jedem völkisch-bewussten Staat zwingen. Die Frage laute also nicht, ob, sondern wie der neue Papst Hitler bekämpfen würde.
Dem stimmte Hitler selbst zu. Wie Propagandaminister Goebbels vermerkte : „ 4. März 1939 ( Samstag ) : Mittags beim Führer. Er erwägt, ob wir nicht aufgrund der Wahl Pacellis zum Papst das Konkordat kündigen sollen. Das wird bestimmt bei der ersten Kampfmaßnahme Pacellis der Fall sein. “
Am Sonntag, den 5. März, hob Pius am Schreibtisch den Hörer seines Telefons ab und teilte seinem engsten Mitarbeiter mit, dass er ihn erwarte. Pater Robert Leiber trat in die päpstlichen Gemächer ein. Im Vatikan als der „ kleine Asthmatiker “ bekannt, wirkte der 51-jährige bayerische Jesuit wie ein melancholischer Gnom. Obwohl er zweimal täglich mit Pius redete und fast alles las, was über dessen Schreibtisch ging, wusste niemand, welches Amt er eigentlich bekleidete. Er lief verschiedentlich als „ Beauftragter für deutsche Fragen “, päpstlicher Bibliothekar, Professor für Kirchengeschichte oder als eine „ Art wissenschaftlicher Sekretär “.
Tatsächlich führte er gar keinen Titel. „ Pater Leiber war niemals ein Amtsträger des Vatikan “, sagte ein Jesuitenkollege. „ Er war ein enger Mitarbeiter des Papstes, im Vatikan aber nie als offizielles Mitglied des Vatikans zugelassen worden. “ Leiber hatte dort ein Amt inne, ohne im offiziellen Verzeichnis aufzutauchen. Er fungierte als inoffizieller Offizieller.
Wegen des fehlenden Titels war Leiber für Geheimmissionen bestens geeignet. Ein Priester, der während der NS-Diktatur für den amerikanischen Geheimdienst gearbeitet hatte, erklärte später : „ Es leuchtet ein, dass offizielle Behörden nicht im Kern in die Verantwortung genommen werden dürfen, wenn sie Fehler machen oder scheitern. Sie müssen verkünden können, dass sie von dem, was gesagt und getan wurde, nie etwas wussten. “ Da Leiber nicht für den Vatikan arbeitete, konnte der Heilige Stuhl jedwede Beteiligung an all seinen Aktivitäten bestreiten.
Leiber kam zugute, dass er den Mund halten konnte, wie Jesuitenkollegen anmerkten. Insbesondere zur Kirchenpolitik, sagte einer, der ihn kannte, habe Pater Leiber eine Haltung absoluter Geheimhaltung eingenommen. In dieser Hinsicht entsprach er dem Musterbild des persön­lichen päpstlichen Mitarbeiters, das Papst Sixtus V. im 16. Jahrhundert entworfen hatte : Dieser müsse alles wissen, lesen und verstehen, dürfe aber nichts sagen.
Wenn Leiber doch etwas sagte, wurde er direkt : Sein Wort sei scharf wie geschliffener Stahl, so fasste es ein Diplomat. Als Pacelli in den 1920er-Jahren als Apostolischer Nuntius in München diente, äußerte Leiber sich sogar missbilligend über den künftigen Papst, weil dieser mit der bayerischen Nonne Pascalina Lehnert zusammenlebte. Als ein Kardinal die Nuntiatur inspizierte, bezeichnete er dieses Zusammenleben als unangemessen. Lehnert sah Pacel­li nach eigenem Bekunden gerne „ im Reitanzug, der ihm ganz vortrefflich stand “. Als Leiber erfuhr, dass der Kardinal seine Beschwerde Pacelli übermittelt hatte, bot er seinen Rücktritt an. Pacelli lehnte ab mit den Worten : „ Nein, nein, nein. Sie dürfen denken und sagen, was immer Sie wollen. Ich werde Sie nicht entlassen. “
Leibers Direktheit, die bei Pacelli gut ankam, stieß an­­dere allerdings vor den Kopf. So nannte ein Priesterkollege seine Art bissig, ja verletzend, und fügte hinzu : „ Sehen Sie, er ist ein wenig sonderlich geworden. “ Um sein Asthma zu kurieren, probierte Leiber sogar eine „ Frischzellentherapie “ aus, bei der er sich ein Präparat aus Gewebe eines frisch geschlachteten Lamms einspritzen ließ. Manche bezogen ein lateinisches Scherzwort auf ihn : Timeo non Petrum sed secretarium eius – Ich fürchte nicht Petrus [den Papst], sondern dessen Sekretär.
An jenem Sonntagmorgen überbrachte Leiber Pius eine dringende Mitteilung. Der Münchner Kardinal Michael von Faulhaber hatte den Vatikan lange dazu gedrängt, dem Nationalsozialismus öffentlich entgegenzutreten, weil er Prinzipien verletze, die so ewig wie die Sterne über jedem Kompromiss zu stehen hätten. In einem Brief mit der Überschrift „ Ehrerbietigste Vorschläge “ mahnte Faulhaber jetzt aber einen Waffenstillstand an.
Er befürchtete, dass Hitler die katholische Kirche Deutschlands von Rom abspalten würde. Nicht als Katholiken, aber als Deutsche glaubten viele Katholiken im Reich an den Führer. Dass „ Katholiken Herrn Hitler trotz seines Hasses auf die Kirche als einen Helden bewunderten “, hatte Pacelli bereits selbst bemerkt. Faulhaber sah die Gefahr eines Schismas im „ Lande der Reformation außerordentlich gehoben “. Vor die Wahl zwischen Hitler und der katholischen Kirche gestellt, würden sich zahlreiche deutsche Glaubensbrüder für Hitler entscheiden. » Ein be­­sonderes Augenmerk «, so mahnte Faulhaber, „ werden die Bischöfe auf die Bestrebungen zur Gründung einer Nationalkirche haben “ müssen. Sollte der Vatikan keine Übereinkunft suchen, könne Hitler die Kirche nationalisieren, wie es König Heinrich VIII. mit der englischen vorgemacht habe.33
Die Nationalsozialisten seien inzwischen selbst zu einer Kirche mutiert. Ihre Philosophie, sagte Faulhaber, sei eine De-facto-Religion. Sie hätten sich für Taufe und Konfirmation, Heirat und Begräbnisse eigene sakramentale Ri­­ten geschaffen. Aschermittwoch hätten sie zum Wotanstag und Himmelfahrt zum Fest von Thors Hammer umgewidmet. Den Weihnachtsbaum bekrönten sie inzwischen anstatt mit einem Stern mit dem Hakenkreuz. Die Nationalsozialisten stellten sogar die blasphemische Behauptung auf, „ Adolf Hitler sei genauso groß wie Christus “.
Über diese üblen Vorzeichen wollte Faulhaber mit dem Papst diskutieren. Als er und die drei anderen Kardinäle aus dem Dritten Reich zum Konklave nach Rom gekommen waren, hatte Pius sie eingeladen, um in einer Audienz am nächsten Tag „ einige Gedanken an die Oberfläche zu holen “. Die Begegnung war für Pius allerdings insofern ein Problem, als er einem der Kardinäle misstraute.
Im Vorjahr hatte der Wiener Kardinal Innitzer, der Primas von Österreich, für einen Skandal gesorgt. Als Hitler Österreich annektiert hatte, sagte er dem NS-Staat die Unterstützung der Kirche zu. Als damaliger Kardinalstaatssekretär rief Pacelli Innitzer nach Rom, um ihn einen Widerruf unterschreiben zu lassen. Innitzer folgte, doch als Papst war Pius sich über ihn jetzt im Ungewissen. Der gutmütige und sentimentale Österreicher reagierte offenbar anfällig auf Druck. Angesichts des heraufziehenden Kriegs wollten alle, die in die Bibliothek des Papstes ka­­men, die Besprechung mit einer Erklärung verlassen, dass Gott ihrem Land zur Seite stehe. Selbst wenn Innitzer die vertraulichen Worte des Papstes in der Öffentlichkeit nicht verdreht wiedergeben würde, bestand die Gefahr, dass die NS-Propagandisten dies an seiner Stelle erle­digten.
Folglich beschloss Pius, von der Audienz mit den Kardinälen eine vertrauliche Mitschrift anfertigen zu lassen. Ein beweiskräftiges Dokument mit dem Wortlaut sollte helfen, jedwede entstellende Darstellung seiner Äußerungen zu widerlegen. Deswegen stattete Pius seine Bibliothek schon zu Anfang seines Pontifikats mit einer Abhöranlage aus.36
Die Tonbandüberwachung sollte eines der bestgehütetsten Geheimnisse des Vatikans bleiben. Erst sieben Jahrzehnte später bestätigte das letzte noch lebende Mitglied des geheimen katholischen Widerstands gegen die NS-Herrschaft, der deutsche Jesuitenpater Peter Gumpel, dass es eine solche tatsächlich gegeben hatte. Bis dahin hatte Gumpel 40 Jahre damit zugebracht, den Prozess zu Pacellis Seligsprechung zu leiten.
„ In die Wand wurde ein Loch gebohrt “, sagte Gumpel. „ Ich erfuhr dies zufällig, und zwar von sehr hoher Stelle […] Die Sache ist sicher. Ich habe es ermittelt, aus der unmittelbaren Umgebung des Papstes. “
Abhörmethoden gelangten zu der Zeit, als Pacelli Papst wurde, gerade zur Reife. In den nächsten Jahren sollten Hitler, Stalin, Churchill und Roosevelt alle heimlich Ge­­sprächsmitschnitte anfertigen lassen. Wenige Tage vor dem Konklave hatte ein Schornsteinfeger in der Sixtinischen Kapelle ein verstecktes Diktafon entdeckt. Die Abhör­fähigkeit des Vatikans konnte mit der sämtlicher weltlicher Staaten mithalten : Der Heilige Stuhl wurde von Guglielmo Marconi, dem Erfinder des Radios, verdrahtet.
Pacelli hatte Marconi persönlich angeworben, um den Hauptsitz der katholischen Kirche zu modernisieren. Marconi hatte gratis eine Telefonvermittlung, eine Radiostation und eine Kurzwellenverbindung zur päpstlichen Sommervilla eingerichtet. Im Gegenzug löste Rom Marconis Ehe auf, um ihm eine neue zu ermöglichen. Die Tochter, die aus der neuen Verbindung hervorging, erhielt passenderweise den Namen Elettra ( = Elektra ). Einige von Marconis Ingenieuren arbeiteten nach wie vor für den Papst unter einem jesuitischen Physiker, der Radio Vatikan betrieb. Sie erfüllten „ institutionelle Aufgaben “, wie es in den kirchlichen Unterlagen hieß, so Aufzeichnungen der Reden des Pontifex und „ außergewöhnliche Dienste “ wie das Abhören seiner Besucher.
In der Theorie erschien die Aufgabe eher einfach. Das Personal von Radio Vatikan kannte die Örtlichkeiten und hatte zu ihnen kontrollierten Zugang. Der Papst empfing seine Besucher in der Päpstlichen Bibliothek, die durch Türen mit zwei Vorzimmern verbunden war, in denen Marconis jesuitische Techniker unbemerkt arbeiten konnten. Der Termin für die Audienz mit den deutschen Kardinälen am 6. März ließ ihnen allerdings nur einen Tag Zeit, um ihren Einsatzort zu begutachten, einen Zugang zu schaffen, ein Mikrofon zu installieren, Leitungen zum Abhörposten zu verlegen und das gesamte System durchzutesten.
Sie zogen Orte in der Bibliothek in Betracht, an de­­nen sie ein Mikrofon verstecken konnten. Bilderrahmen, Tischleuchten, die Verstrebung unter einem Tischbein, das Telefon, Deckenleuchten – überall boten sich Möglichkeiten. Am Ende, so sollte sich Pater Leiber später er­­innern, entschied sich das Team für eine „ Anlage, die es ermöglichte, alles im Nachbarraum mitzuhören “. Dazu bohrten sie in mühevoller nächtlicher Arbeit ein Loch in die Wand und verwanzten es.

Mark Riebling

Über Mark Riebling

Biografie

Mark Riebling studierte in Dartmouth, Berkeley und an der Columbia University. Heute ist der Autor und Essayist Dozent am Center for Jewish Civilization der Georgetown University sowie an der Päpstlichen Universität Gregoriana in Rom. Seine weiteren Themenschwerpunkte sind Terrorismus, Geheimdienste...

Pressestimmen
Passauer Neue Presse

„Mark Rieblings fesselnde Aufarbeitung der Rolle des Vatikans im Widerstand gegen Hitler fügt der historischen Wahrheitssuche neue, wichtige Facetten hinzu. (...) Riebling beschreibt das doppelte Spiel des Papstes historisch präzise und zugleich spannend und faszinierend.“

Publik Forum

„Riebling leuchtet einen nur wenig beachteten Bereich des Widerstandes innerhalb der katholischen Kirche aus, ohne dass Schweigen des Papstes zu den Massenmorden zu entschuldigen.“

Christ in der Gegenwart

„Der Autor gibt einen spannenden und faktenreichen Einblick in den deutschen zivilen wie militärischen Widerstand (Moltke, Goerdeler, Canaris, Beck, Oster, Halder, Stauffenberg), die Attentatsversuche auf Hitler und die Rolle der katholischen Kirche.“

denglers-buchkritik.de

„›Die Spione des Papstes‹ liest sich wie ein spannender Spionage-Thriller. Mark Riebling hat ein absolut beeindruckendes Werk verfasst!“

Ruhr Nachrichten

„Ein bestens recherchiertes und spannend wie ein Roman geschriebenes Buch.“

bn Bibliotheksnachrichten (A)

„Papst Pius XII und das kirchliche Spionagenetzwerk - gründlich recherchiert und spannend erzählt. (...) Lesenswert!“

biblio.at (A)

„Lesenswert!“

Alle Welt (A)

„Spannend wie ein Thriller liest sich das Buch von Mark Riebling über die Spionagetätigkeit der katholischen Kirche während der dunklen Jahre des Krieges. (...) Ein Buch, das den mutigen Menschen des Widerstands ein Denkmal setzt und Hintergründe aufdeckt.“

Kommentare zum Buch
Kommentieren Sie diesen Beitrag:
(* Pflichtfeld)

Mark Riebling - NEWS

Erhalten Sie Updates zu Neuerscheinungen und individuelle Empfehlungen.

Beim Absenden ist ein Fehler aufgetreten!

Mark Riebling - NEWS

Sind Sie sicher, dass Sie Mark Riebling nicht mehr folgen möchten?

Beim Absenden ist ein Fehler aufgetreten!

Abbrechen